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Viele Käufer mechanischer Uhren nehmen es heute beinahe als selbstverständlich hin, dass ihre Neuerwerbung über einen automatischen Aufzug verfügt und nicht regelmäßig von Hand mit neuer Energie versorgt werden muss. Dabei war das noch bis weit über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus auch bei schlichten Drei-Zeiger-Uhren keineswegs die Standardlösung und Automatikwerke für Chronographen werden sogar erst seit ziemlich genau einem halben Jahrhundert serienmäßig hergestellt. Wir nehmen das Jubiläum 50 Jahre El Primero zum Anlass, einen Blick auf das erste Automatik-Chronographen-Werk der Uhrengeschichte zu werfen.
Automatik-Uhren: eine neue Technik setzt sich durch
Obwohl automatische Aufzugsmechanismen für Taschenuhren schon in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts entwickelt worden waren, setzten sie sich am Markt zunächst kaum durch. Der Grund dafür lag vor allem in ihrem Preis, der deutlich höher lag, als bei Modellen, die über eine Krone von Hand aufzuziehen waren. Zudem galt diese Lösung bereits als spürbarer Fortschritt gegenüber den Schlüsseln, mit denen die Uhrwerke zuvor aufgezogen werden mussten.
Erst mit dem Aufkommen der Armbanduhren stellte sich erneut die Frage, wie sich das ständige Aufziehen von Hand vermeiden ließe.
Technisch war eine Lösung des Problems spätestens seit 1922 verfügbar, denn in diesem Jahr hatte das französische Unternehmen Leroy die erste Armbanduhr hergestellt, die mit einem mittels Pendelschwungmasse angetriebenem Automatikwerk ausgestattet war, letztlich aber nicht in den Vertrieb gelangte.
Die technischen Voraussetzungen für die Entwicklung von Automatikuhren hatte der britische Uhrmacher John Harwood (1893-1965) bereits ab 1914 durch seine wegweisenden Erfindungen geschaffen. Harwood stellte 1923 seine erste Automatik-Armbanduhr mit Pendelschwungmasse fertig und beantragte am 16. Oktober desselben Jahres in der Schweiz ein Patent dafür, welches er am 1. September des Folgejahres vom Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum erhielt. Die Serienfertigung der Automatik-Uhren begann dann 1926 im Rahmen von Kooperationen mit den beiden Uhrenmarken Fortis und Blancpain. Fünf Jahre später präsentierte Rolex mit der Oyster Perpetual die erste Automatikarmbanduhr mit einem einseitig aufziehbaren Rotor und ließ sich dieses Prinzip 1932 weltweit patentieren. Für Chronographen eignete sich die neue Lösung damals jedoch noch nicht, wenngleich sie gerade in diesem Bereich besonders wünschenswert war.
Denn ein automatischer Aufzug bedeutet für den Träger einer Armbanduhr nicht nur einen höheren Komfort, sondern kommt auch der Ganggenauigkeit zugute. Das liegt daran, dass sich bei kontinuierlich getragenen Automatikuhren eine relativ gleichmäßige Federspannung einstellt und aufrechterhalten wird, während sie bei einer mechanischen Uhr mit Handaufzug im Laufe des Tages stärker variiert.
Auf dem Weg zum ersten Automatik-Chronographen-Werk
In den 1930er und 1940er Jahren hatten renommierte Uhrenhersteller wie Breitling oder Heuer die Entwicklung genauerer und anspruchsvollerer Chronographen immer weiter vorangetrieben. Als Antrieb stand jedoch noch keine Alternative zum Handaufzug zur Verfügung. Im Jahr 1946 entwickelte Albert Piguet zwar den Prototypen eines automatischen Chronographen, doch bis zur Markeinführung des ersten in Serie produzierten Automatik-Chronographen sollten noch mehr als 20 Jahre vergehen. Mehrere namhafte Uhrenhersteller wetteiferten darum, als Erster ein serienreifes Automatik-Chronographen-Werk präsentieren zu können.
Breitling und Hamilton-Büren arbeiteten ebenso an einem entsprechenden Projekt wie Zenith und Movado oder Seiko. Die Entscheidung fiel schließlich am 10. Januar 1969, als Zenith nach zweijähriger Entwicklungsarbeit Arbeit sein erstes automatisches Chronographenwerk vorstellte und sich damit gegen die erst etwas später folgenden Wettbewerber durchsetzte. Zur Erinnerung an diesen Meilenstein der Uhrengesichte gab sein Hersteller dem siegreichen Uhrwerk den Namen “El Primero“, was auf Spanisch “der Erste” bedeutet. Auch heute, 50 Jahre danach, wird dieses Werk immer noch produziert und gilt unverändert als das bekannteste seiner Klasse.
Seinen guten Ruf verdankt es allerdings nicht nur der Tatsache, dass es als erstes automatisches Chronographen-Werk in Serie produziert wurde, sondern mindestens ebenso seiner hohen Verarbeitungsqualität und seiner Leistungsfähigkeit. Mit seiner Schwingungszahl von 36.000 Halbschwingungen pro Stunde ist es vergleichbaren Werken anderer Hersteller deutlich überlegen.
Auch 50 Jahre danach gefragt und beliebt – dank einem mutigen Werkmeister mit Weitblick
50 Jahre El Primero bedeuten alles andere als einen nostalgischen Rückblick auf längst vergangene Zeiten. Denn das berühmte Uhrwerk wird nach wie vor hergestellt und ist aus der Kollektion der Marke mit dem Stern nicht mehr wegzudenken. Ganz selbstverständlich ist dies nicht, denn bereits kurz nach seiner Markteinführung schien dem mechanischen Meisterstück nur ein kurzes Dasein beschieden zu sein, weil immer preiswerter und in ständig wachsenden Stückzahlen produzierte Quarzuhren die Märkte überschwemmten.
Wozu sollte ein aufwendig produziertes und entsprechend teures Automatik-Chronographen-Werk noch gut sein, wenn dessen Funktion von einer Quarzuhr nicht nur viel billiger, sondern auch noch mit einer deutlich höheren Genauigkeit übernommen werden konnte? Dazu kam, dass der traditionsreiche Schweizer Uhrenhersteller Ende Mai 1971 an einen amerikanischen Fernseher- und Radiohersteller aus Chicago verkauft wurde. Dessen Management setzte voll und ganz auf Quarzuhren. 1975 wurde die Produktion mechanischer Uhren schließlich ganz eingestellt. In diesem Zusammenhang ließ die neue Unternehmensführung auch sämtliche Bestände an Werkzeugen und Maschinen entsorgen, die für die Herstellung des legendären Uhrwerks benötigt worden waren.
Somit hätte es niemals 50 Jahre El Primero gegeben – wenn nicht der zuständige Werkmeister der Werkstatt Nr. 4, Charles Vermot, Weitblick und Mut bewiesen hätte. Entgegen den Anweisungen seiner Vorgesetzten beschloss er, die für die Produktion des ersten Automatikwerkes mit Chronographenfunktion erforderlichen Werkzeuge nicht zu entsorgen, sondern für die Zukunft aufzubewahren. Es gelang ihm, rund 150 Pressen sowie zahlreiche Nocken und kleine Werkzeuge vor der Vernichtung zu bewahren, auf einem Dachboden zu lagern und den betreffenden Bereich zur Sicherung seines Verstecks zumauern zu lassen.
Die 1980er Jahre: Wiedergeburt einer Legende
Schon wenige Jahre später sollte sich das als absoluter Glücksfall erweisen. Denn nachdem Zenith bereits 1981 begonnen hatte, einige andere große Marken mit Uhrwerken zu beliefern, trat Rolex 1984 mit einem besonderen Anliegen an das Unternehmen heran.
Man plante, die Rolex Daytona zu modernisieren und künftig mit dem Kaliber El Primero zu bestücken. Zu dieser Zeit kostete eine Presse jedoch rund 40.000 Schweizer Franken und da die Fertigung des begehrten Kalibers über 150 Pressen erfordert, wären Investitionen von etwas sieben Millionen Franken notwendig gewesen, um den Auftrag erledigen zu können. Dies hätte die verfügbaren Mittel weit überstiegen, doch zum Glück gab es noch die von Charles Vermots geretteten Bestände. So stand der Wiederaufnahme der Produktion des begehrten Uhrwerks nach fast zehnjähriger Unterbrechung nichts im Wege.
In den folgenden Jahren kehrte Zenith selbst auch wieder zur Fertigung von mechanischen Uhren zurück und ließ sein geschichtsträchtiges Kaliber zu neuen Ehren kommen. 1995 war es in der Chronomaster-Serie erstmals durch einen Saphirglasboden zu bewundern. Wenig später wurde es um eine Flyback-Funktion beziehungsweise um ein Tourbillon ergänzt.
50 Jahre El Primero: das sind die Sondermodelle
Um die 50 Jahre umspannende Geschichte seines weltberühmten Automatik-Chronographen-Werkes zu würdigen, hat sich sein Hersteller im Jubiläumsjahr etwas Besonderes einfallen lassen: eine Sammlerbox mit jeweils drei limitierten Sondereditionen von El-Primero-Modellen.
Von jedem dieser Sondermodelle gibt es nur 50 Exemplare. Zum einen handelt es sich dabei um eine Sonderausgabe des Chronographen von 1969, der als erster in der Lage war, Zehntelsekunden zu messen. Das zweite Modell ist eine besondere Version der neuen Chronomaster 2.0, und als drittes Modell befindet sich in der Jubiläumsbox “50 Jahre El Primero” eine Defy El Primero 21, mit der sich sogar Hundertstelsekunden erfassen lassen.