« Pionier im Dienste der Horlogerie »
In Den Haag geboren, lebte Christiaan Huygens von 1629 bis 1695. Das barocke Universalgenie war mit vielen seiner Erfindungen seiner Zeit weit voraus. Er war auf so vielen Gebieten tätig und bewies überall seine geniale Vielseitigkeit. Die Entwicklung der Pendeluhr und die Verbesserung der Ganggenauigkeit der Uhren bilden dabei einen Meilenstein seines Schaffens.
Die Grundlage für moderne Luxusuhren
Er verbesserte Mikroskope, konstruierte Verbrennungsmotoren, baute Fernrohre und entdeckte das Talent des Malers Rembrandt, den er dem Prinz von Oranien empfahl: Christiaan Huygens war ein Universalgenie, das sich in vielen Bereichen seiner Zeit wissenschaftlich hervortat und von ungebremstem Erfindergeist beseelt war. Er studierte Mathematik und Jura, wollte wissen, wie Linsen geschliffen werden und baute Teleskope für die Betrachtung der Sterne. Seine bekannteste und nach ihm benannte Entdeckung ist das huygenssche Prinzip über Beugung und Brechung des Lichtes. Er untersuchte die Federung der Kutschen, die Versandung der Küsten, zeichnete ein Bild vom Nebel des Orion, verbesserte die Laterna Magica und die Pendeluhr: Seine Verbesserung wird noch heute bei der Herstellung mechanischer Luxusuhren genutzt.
Das Leben eines heute fast unbekannten Universalgenies
Am 14. April 1629 als Sohn eines hochgestellten Diplomaten, Dichters und Sekretärs des Herzogs in Den Haag geboren, bekam Christiaan Huygens die beste Ausbildung seiner Zeit. Bis zu seinem Eintritt 1645 in die Universität in Leiden, an der er Mathematik und Jura studierte, wurde Huygen von Privatlehrern unterrichtet. In den 50er Jahren verbesserte er – gemeinsam mit seinem Bruder Constantin und Baruch de Spinoza, der nicht nur philosophierte, sondern auch Linsen schliff – das einfache Teleskop, mit dem einst Galilei seine Entdeckungen gemacht hatte. Sie entwickelten Linsen, die eine höhere Auflösung erlaubten. So konnte Huygens den bereits von Galilei beschriebenen Ring des Saturn beobachten und entdeckte einen großen Mond, der um den Saturn kreiste und der von ihm Titan genannt wurde. Da er für seine astronomischen Beobachtungen und Forschungen genauere Zeitmessungen benötigte, als mit den bis dahin gebräuchlichen Uhren möglich waren, wendete er sich der Uhrmacherei zu. Bereits Galilei war gut fünfzig Jahre vor ihm die harmonische Pendelbewegung aufgefallen, die später von Newton in den Principia genauer untersucht und beschrieben wurden. Die Zeit wurde bisher von Räderuhren angezeigt, die von Gewichten angetrieben wurden und ein Schlagwerk besaßen, ganz ähnlich, wie es die heutigen Kirchturmuhren immer noch sind. Huygens fügte diesen Uhrwerken ein Pendel an, das mit seinen gleichmäßigen Bewegungen die Hemmung steuern konnte und für eine wesentlich bessere Ganggenauigkeit sorgte. Die erste Pendeluhr wurde von Huygens 1657 präsentiert, im Horologium Oscillatorium sive de motu pendularium beschrieb er 1673 deren genaue Konstruktion und Wirkungsweise. Er meldete seine Pendeluhr zum Patent an. Die Ganggenauigkeit von maximal zehn Sekunden Abweichung täglich war so großartig, dass es einhundert Jahre dauerte, bis diese Präzision überboten werden konnte. Nur kurze Zeit später fügte er eine Unruh mit Spirale hinzu und entwarf auf diese Weise eine Taschenuhr, die zur damaligen Zeit als echte Luxusuhr zu sehen war. Christiaan Huygens lebte so zurückgezogen und still, wie es ihm nur möglich war. Eine Zeit lang lebte er in Paris, doch für ihn als Protestant war das Leben im katholischen Frankreich nicht einfach. 1682 kam er nach Den Hag zurück und starb dort am 8. Juni 1695.
Mit einem Pendel der Zeit auf der Spur
Wohl jedes Kind ist fasziniert, wenn es einem Lot dabei zuschaut, wie es eine Weile hin- und herpendelt, bevor es endgültig zur Ruhe kommt und die Senkrechte anzeigt. Ebenso gebannt war wohl Christiaan Huygens von der Gleichmäßigkeit des Pendelns, als er seine automatische Pendeluhr erfand. Diese regulierte mit der Schwingung des Pendels den Gang der Hemmung und damit der gesamten Uhr. Vom aufgezogenen Uhrwerk bekam das Pendel mit Hilfe einer Rückkopplung immer wieder kleine Impulse, die dafür sorgten, dass das Pendel nicht stehen blieb, sondern immer weiter schwang. Zwar geht durch die Reibung immer wieder ein klein wenig Energie verloren, doch diese bekommt das Pendel vom Uhrwerk zurück. Er schuf mit der Pendeluhr einen Zeitmesser, der so akkurat war, dass die Uhrzeit zum ersten Mal nach Minuten und Sekunden bestimmbar war. Ab jetzt ließen sich Verabredungen und Tätigkeiten in ein immer engmaschigeres Zeitraster fassen. Besonders in den Kontoren der Händler war der Bedarf an kontinuierlicher Messung der Zeit hoch, für diese waren Pendeluhren keine Luxusuhren, sondern dienten zur Optimierung von Arbeit und Gewinn.
Pendeluhren auf hoher See
Waren die Schiffe auf hoher See unterwegs, ließen sich mit den damaligen nautischen Instrumenten die Positionen nicht eindeutig bestimmen. Fährt ein Schiff beispielsweise in Richtung Westen, überquert es die Längenkreise. 60 Längengrade sorgen dafür, dass der Höchststand der Sonne am Mittag vier Stunden später erfolgt. Die gleiche Verzögerung tritt auch bei den nächtlichen Sternbildern auf. Huygens hoffte, dass die Pendeluhr genau genug gehen würde, damit sich mit ihr die Differenzen zuverlässig bestimmen und somit die Position des Schiffes ermitteln ließen. Dabei wurde festgestellt, dass die Ganggenauigkeit der Pendeluhr maßgeblich von der Länge des Pendels abhing: Während die Uhren in Paris oder London mit hoher Ganggenauigkeit liefen, wichen sie in Äquatornähe davon ab. Hier half es, das Pendel einige Millimeter zu kürzen. Für Isaak Newton war das später ein Hinweis darauf, dass sich die unterschiedliche Schwerkraftwirkung der Erde auch auf das Pendel und die Ganggenauigkeit der Uhren auswirkte und entdeckte dabei, dass die Erde keine Kugel war, sondern an den Polen abgeplattet.
Die Unruh wird zum hektischen Herz einer neuen Zeit
Christiaan Huygens hatte erkannt, dass für die Messung der Längengrade auf See eine Uhr nötig war, die wesentlich unempfindlicher gegen das Schaukeln der Schiffe sein müsste, als das für seine Pendeluhr möglich war. Er entwickelte eine Spiralfeder, die um ihre Mittellage schwingt und die als neuer Gangregler für mechanische Uhren diente. Die Unruh ist ein oszillierendes Rädchen, das von einer gewundenen Feder angetrieben wird und sozusagen ein Pendel im Miniformat darstellt. Dieses kleine Teil wurde zum Herzstück der neu entwickelten mechanischen Taschenuhren. Kurz vor Beginn des 18. Jahrhunderts avancierten privat getragene Taschenuhren als erste Luxusuhren, die als Beweis großbürgerlicher Provenienz galten. Doch die neue Uhrengeneration war nicht nur ein Ausdruck von Prestige. Je genauer die Uhren den Lauf der Zeit anzeigten, desto mehr nahmen sie auch einen Einfluss auf das Empfinden der Zeit. Seitdem durch die Technik die Zeit genauer angezeigt wurde, mahnten die Uhren die Säumigen und man begann, zum ersten Mal von Pünktlichkeit zu reden und führte Stechuhren zur Messung der Arbeitszeit ein.
Luxusuhren wurden in Werkstätten fast serienmäßig gefertigt
Seit Christiaan Huygens die Pendeluhr entwickelt und damit die Ganggenauigkeit der Zeitmesser entscheidend verbessert hatte, wurden die Luxusuhren zu Beginn des 18. Jahrhunderts in vielen größeren Werkstätten in Paris und London nahezu serienmäßig hergestellt. Die große Kunst der Horlogerie begann mit den Entwicklungen Christiaan Huygens und wurde später von vielen anderen genialen Uhrmachern weiterentwickelt und fortgeführt. Eines der von Huygens beobachteten Phänomene, die spontane Synchronisation der Doppelpendeluhr, wurde sogar erst vor kurzem von Wissenschaftlern entschlüsselt. Ursprünglich für den Einsatz auf See entwickelt, bauten die Wissenschaftler eine solche Doppelpendeluhr nach und beobachteten die Schwingungen mit Hilfe von Lasertechnik. Die gewonnenen Daten analysierten sie mit Computern und fanden heraus, dass die Doppelpendeluhr von Huygens ein Sonderfall ist, bei der die Masse jedes Pendels in einem ganz bestimmten Verhältnis zur gesamten Uhrenmasse steht. Da jedes einzelne Pendel mit jeder Schwingung nicht nur Energie aufnimmt, sondern diese auch an die Aufhängung abgibt, wird ein Teil davon auf das andere Pendel übertragen und synchronisiert nach einer Weile beide Pendel.