« Wofür ist es geeignet? »
Im Luxusuhrensegment wird heute überwiegend Saphirglas als Abdeckung für das Zifferblatt verwendet. Gelegentlich sind jedoch auch andere Materialien wie Hesalit anzutreffen. In diesem Beitrag sind wir der Frage nachgegangen, worum es sich dabei eigentlich handelt und welche besonderen Eigenschaften dieses Material besitzt.
Das Uhrglas – entscheidend für Qualität und Haltbarkeit einer Uhr
An historischen Turmuhren drehen sich die Zeiger in der Regel ohne jegliche Abdeckung im Freien. Das war und ist auch nicht weiter störend, weil normalerweise außer ein paar Vögeln nichts in die Nähe der Zeiger gelangt, was ihre Bewegung beeinträchtigen oder sie womöglich gar beschädigen könnte. Ganz anders verhält es sich bei Uhren, die in der Tasche oder am Handgelenk getragen werden. Bei ihnen bedürfen Zeiger und Zifferblatt eines besonderen Schutzes, weil sie sonst binnen kurzer Zeit zerkratzt, verbogen oder anderweitig beschädigt werden würden.
Das Material der ersten Wahl dafür war lange Zeit gewöhnliches Fensterglas. Dieses bot zwar einen gewissen Schutz, war jedoch seinerseits auch bruch- und kratzempfindlich. Diese Nachteile von herkömmlichem Glas waren der wesentliche Grund dafür, dass viele Taschenuhren mit speziellen Deckeln aus Metall versehen wurden, die das Uhrglas schützten.
Uhren mit Deckeln sind allerdings in der Handhabung etwas umständlicher und die Uhrzeit lässt sich bei ihnen nicht ohne Weiteres auf einen Blick ablesen. Dies und nicht zuletzt auch die zunehmende Verdrängung von Taschen- durch Armbanduhren motivierten die Uhrenhersteller immer stärker, nach alternativen Materialien für Uhrengläser zu suchen. Hesalit und Saphirglas sind Ergebnisse dieser Suche.
Uhrgläser aus Kunststoff erobern den Markt
In den 1930er Jahren kamen die ersten Uhrgläser auf den Markt, die aus Kunststofftafeln hergestellt wurden. Seit den 1950er Jahren erfolgt die Produktion überwiegend im Spritzgussverfahren aus Granulat. Für die verschiedenen transparenten Kunststoffmaterialien wurden verschiedene Begriffe verwendet, bei denen es sich teilweise um reine Materialbezeichnungen und teilweise um Markennamen handelte. Beispiele dafür sind Acrylglas, Plexiglas – und eben auch Hesalit.
Um “echtes” Glas davon sprachlich abzugrenzen, kamen dafür zunehmend Bezeichnungen wie Mineralglas oder Silikatglas in Gebrauch.
In den 1950er und 1960er Jahren waren Uhren mit Kunststoffgläsern absolut nichts Ungewöhnliches mehr. Auch im Luxussegment wurden sie ganz selbstverständlich eingesetzt, handelte es sich doch um einige der modernsten und besten Werkstoffe zu jener Zeit.
Saphirglas wird bei Luxusuhren zum Beinahe-Standard
Erst mit der Weiterentwicklung von Silikatgläsern begann in den 1970er und 1980er Jahren allmählich wieder ein gegenläufiger Trend. In dieser Zeit setzte sich zunächst gehärtetes Mineralglas durch und wenig später folgte dann das heute bei hochwertigen Luxusuhren fast durchweg zum Standard gewordene Saphirglas. Verfahren zur chemischen Härtung von Silikatglas, die seit den 1970er Jahren zur Verfügung stehen, erlauben das Erzeugen einer gewünschten Spannungsverteilung innerhalb des Glases. Damit wird dieses wesentlich weniger bruchempfindlich, sodass ein wesentlicher Nachteil dieses Materials kompensiert werden kann.
Wer heute eine Uhr mit Silikatglas kauft, darf mit nahezu hundertprozentiger Gewissheit davon ausgehen, dass es sich dabei mindestens um gehärtetes Mineralglas handelt. Dessen Oberfläche ist allerdings nach wie vor anfällig für Kratzer. Diese sind nicht nur aus ästhetischen Gründen unerwünscht, sondern können im Laufe der Zeit auch dazu führen, dass der Blick durchs Zifferblatt und damit die Ablesbarkeit der Uhr beeinträchtigt werden.
Während Kratzer auf Kunststoffoberflächen durch Polieren beseitigt werden können, ist dies bei Mineralglas nicht möglich. Hier bleibt nur der Ausweg, das Zerkratzen von vornherein durch eine extreme Härte des Materials zu verhindern. Dazu werden synthetische Saphire verwendet, welche unter hohem Druck und bei großer Hitze aus Tonerde gewonnen werden. Sie sind relativ teuer und aufwendig zu bearbeiten, aber nahezu immun gegen Kratzer. Deshalb werden hochwertige Uhren inzwischen fast durchweg mit Saphirglas ausgestattet, das darüber hinaus bei vielen Modellen auch als Material für den Gehäuseboden Verwendung findet.
Wozu noch Hesalit Glas?
Dennoch werden einige Luxusuhrenmodelle bis heute mit Kunststoffgläsern versehen. Eines der bekanntesten Beispiele dafür dürfte wohl der als “Moonwatch” bekannte Chronograph Speedmaster Professional von Omega sein. Vor dem Hintergrund der beschriebenen Materialeigenschaften mag dies auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar sein. Tatsächlich wird Kunststoff in erster Linie für Uhrgläser im unteren Preissegment genutzt, weil er sich billig und in großen Mengen herstellen lässt.
Zwischen Materialien wie Hesalit Glas und Saphirglas gibt es allerdings neben dem Preis noch andere, wichtige Unterschiede. Hierzu zählen das geringere Gewicht des Kunststoffes, dessen geringere Sprödigkeit und Bruchempfindlichkeit sowie die vergleichsweise einfache Verarbeitung. Diese Eigenschaften können durchaus auch bei Luxusuhren gefragt sein. Vor allem aber kommen sie dann zur Geltung, wenn an eine Uhr aufgrund ihres Einsatzzweckes spezifische Anforderungen zu stellen sind.
Dies gilt natürlich für eine Astronautenuhr wie die Omega Speedmaster Professional in ganz besonderer Weise. So wären Glassplitter an Bord eines Raumfahrzeuges noch wesentlich gefährlicher als auf der Erde.
Im Inneren eines Raumschiffes würden sie wegen der Schwerelosigkeit herumschweben, statt zu Boden zu fallen. Das Verletzungsrisiko wäre deutlich größer als sonst.
Und bei einem “Weltraumspaziergang” könnten Glassplitter zu Schnitten oder Stichen im Astronautenanzug führen – mit fatalen Folgen für dessen Träger. Diese Unterschiede sind der Grund, warum Hesalit Glas und ähnliche Materialien auch heute noch im Luxussegment anzutreffen sind – und es wohl auch noch eine ganze Weile bleiben dürften.