« Warum die Black Bay Vorfahren wie eine Rolex hießen »
Im Jahr 1953 erscheint die erste Rolex Submariner und begründet eine der legendärsten Diver-Geschichten überhaupt. Nur wenig später folgt die Schwestermarke Tudor mit einer sehr ähnlichen Taucheruhr, die neben zahlreichen Komponenten auch den Namen ihres prominenten Verwandten übernimmt: Submariner. Warum sich Firmengründer Hans Wilsdorf für diese Ähnlichkeit entschied und die Bezeichnung später durch Tudor Black Bay ersetzt wurde, erfahren Sie in unserer kleinen Geschichtsstunde.
Der lange Weg zur Submariner
1881 in einer oberfränkischen Kaufmannsfamilie geboren, besitzt Wilsdorf ein natürliches Talent als Unternehmer und ist wegen des frühen Todes seiner Eltern bereits im jungen Alter auf sich allein gestellt. 1905 gründet er mit seinem Schwager Alfred Davis die Firma Wilsdorf & Davis in London, welche drei Jahre später in Rolex umbenannt wird. Durchschlagende Erfolge feiert die Marke jedoch erst in den Zwanzigern, als die Wasserdichtigkeit der ersten Oyster für Schlagzeilen sorgt. Zur selben Zeit, genauer gesagt 1926, ruft der Schweizer Fabrikant Philippe Hüther die Marke Tudor ins Leben, welche zehn Jahre später von Wilsdorf übernommen wird und nach den Vorstellungen des deutschen Unternehmers zur erschwinglicheren Rolex-Zweitmarke werden soll. Ein Plan, der erst nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs in die Realität umgesetzt werden kann.
An der Genialität des Konzepts ändert die Verzögerung aber nichts: Als 1947 mit der Tudor Oyster die erste Kollektion des Herstellers erscheint, bedient sie sich hemmungslos an den Bauteilen des Vorbilds. Gehäuse, Krone und Bänder sind teilweise vollkommen identisch und tragen anfangs sogar die fünfzackige Krone. Weitere Kostenersparnisse erzielt Wilsdorf durch den Verzicht auf ein Rolex-Manufakturwerk, welches durch ein zugekauftes Kaliber ersetzt wird und für die meisten Kunden jener Zeit ohnehin eine untergeordnete Rolle spielt. Wichtig sind Robustheit und Qualität, welche angesichts gleichwertiger Komponenten auf Rolex-Niveau liegen. Das Rezept der Oyster wird zum vollen Erfolg und dient als Blaupause bei der Submariner-Entwicklung.
Die wichtigsten Fragen zur Tudor Submariner in aller Kürze:
Ist Tudor eine Luxusmarke?
Ja, Tudor wird allgemein als Luxusuhrenmarke angesehen. Sie bietet hochwertige Uhren, die sowohl in der Verarbeitung als auch im Design überzeugen, allerdings zu einem meist niedrigeren Preis als einige andere Luxusuhrenmarken.
Hat die Marke Tudor etwas mit Rolex zu tun?
Ja, Tudor hat eine enge Verbindung zu Rolex. Die Marke wurde 1926 von Hans Wilsdorf gegründet, der auch der Gründer von Rolex ist. Ursprünglich wurde Tudor als eine Art “Schwesterfirma” zu Rolex konzipiert, um qualitativ hochwertige Uhren zu einem erschwinglicheren Preis anzubieten.
Ist Tudor eine Marke von Rolex?
Rolex-Popularität als Marketing-Faktor
Letztere darf natürlich nicht vor dem Flaggschiff des Konzerns erscheinen, weshalb der Marktstart der ersten Tudor Taucheruhr 1954 und damit genau ein Jahr nach der Rolex Submariner erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt genießt die Muttermarke bereits internationales Ansehen, während sich die Tochter ihr Renommee erst noch verdienen muss. Diesen Prozess weiß Wilsdorf mit einer cleveren Idee zu beschleunigen: Warum nicht die Modellbezeichnung Submariner von der bereits erfolgreichen Taucheruhr übernehmen, um die qualitative Ebenbürtigkeit und enge Verwandtschaft klarzustellen? Der Gedanke setzt sich durch und der Genfer Diver betritt als “Oyster Prince Submariner Referenz 7922” den Markt. Fortan Tudor Submariner genannt, nutzt sie den Namen ihres Schwestermodells als Sprungbrett in eine selbstständige Erfolgsgeschichte.
Eine zweite Erklärung für die identische Namensgebung liefert die enorme Ähnlichkeit der ersten Modelle. Nicht nur der verschraubte “Oyster”-Gehäuseboden und das gewölbte Plexiglas, sondern auch die 100 Meter Wasserdichtigkeit verbinden die Modelle miteinander. Zifferblätter und Gehäuse würden glatt als Spiegelbilder durchgehen, ja sogar die Rolex-Logos auf Krone und Edelstahlband trägt die Tudor Submariner 7922 noch bei sich. Lediglich das zugekaufte Fleurier 390 Automatikwerk trennt sie maßgeblich vom Manufakturwerk ihres teureren Vorbilds. Angesichts der vielzähligen Analogien wären verschiedene Namensgebungen kaum zu rechtfertigen gewesen; als Schritt der Transparenz gegenüber Käufern entscheidet man sich also für die Bezeichnung Submariner auf beiden Seiten.
Weg zur Selbstständigkeit: Tudor Submariner bis 1999
Die nachfolgenden Generationen der Tudor Taucheruhr sind von technischen Verbesserungen und Ausbruchsversuchen aus der strengen Rolex-Ähnlichkeit geprägt. So verzichtet die seltene Ref. 7923 von 1955 auf den prominenten “Mercedes”-Stundenzeiger der Muttermarke und etabliert ein flacheres Gehäusedesign, während die 7924 “Big Crown” drei Jahre später mit einer Verdopplung der Wasserdichtigkeit auf 200 Meter glänzt. Der Mercedeszeiger kehrt allerdings zurück. 1959 folgt der erste Kronenschutz in der Ref. 7928, welcher 1964 abgerundet und als Markenzeichen jeder späteren Tudor Submariner berühmt wird.
Eine neue Zeitrechnung beginnt im Jahr 1969, als die Referenzen 7016 und 7021 eine radikale Distanzierung von der Rolex Submariner wagen. Snowflake-Zeiger und quadratische Indizes geben für die nächsten 20 Jahre den Ton an, während die Tudor-Rose des gleichnamigen englischen Königshauses aus dem Logo verschwindet und durch ein Wappen ersetzt wird, das bis heute für Zuverlässigkeit und Widerstandsfähigkeit steht. Gleichzeitig muss das Kaliber 390 ausziehen und wird durch die ETA-Varianten 2483 und 2484 (letzteres mit Datumsfenster in der 7021) ersetzt. Ihre maximale Eigenständigkeit erreicht die Tudor Submariner ab 1995 in der letzten Generation: Der Prince Date Submariner 79190. Sie kehrt zwar zum Mercedeszeiger zurück, hat aber dreieckige, erstmals auch umrandete Indizes im Angebot und verbessert die Sicherheit unter Wasser mit einer unidirektionalen Drehlünette. Ihre Ära endet kurz vor der Jahrtausendwende und markiert den (vorübergehenden) Abschied von der Tudor Submariner.
Neuer Name, eigene Ausrichtung: Das 21. Jahrhundert
Umso größer ist die Begeisterung im Jahr 2012, als der Schweizer Hersteller die Rückkehr seines erfolgsgekrönten Divers realisiert. Längst nicht mehr auf die Namensverwandtschaft mit Rolex-Modellen angewiesen, wechselt er seine Bezeichnung von Submariner zu Tudor Black Bay, dem Namen einer fiktiven Bucht. Jährlich vergrößert und weiterentwickelt, gehört die Black Bay im Rückblick zu den wichtigsten horologischen Erfolgsgeschichten der 2010er-Jahre. Heutzutage ist ihre Familie umfangreicher und eigenständiger als je zuvor: Markeneigene Manufakturwerke, ein Größenspektrum von der 32-Millimeter-Damenuhr bis zur wuchtigen P01 und charakteristische Merkmale wie die Snowflake-Zeiger von 1969 zeichnen das Produktportfolio.
Das gute Preis-Leistungs-Verhältnis der Tudor Black Bay ist ein starkes, aber keineswegs mehr das einzige Kaufargument gegenüber der Rolex Submariner: Die Reihe hat einen selbstständigen, von mehr Mut und Sportlichkeit geprägten Stil entwickelt als die klassischen Diver der Muttermarke. Qualitativ gilt hingegen jene Ähnlichkeit, die schon Hans Wilsdorf zu seinen Lebzeiten betont hat. Könnte der 1960 verstorbene Gründer die heutige Verfassung seiner einstigen Tudor Submariner sehen, wäre er sicher stolz.