« Limited Editions ehren einen Helden »
2021 ehrt Oris den amerikanischen Marinetaucher Carl Brashear zum dritten Mal mit einem Sondermodell aus Bronze. Wie die Vorgänger aus 2016 und 2018, ist der Newcomer auf 2.000 Exemplare beschränkt und verfügt über ein dunkelblaues Dégradé-Zifferblatt. Herzstück der Calibre 401 Limited Edition ist das gleichnamige, frisch vorgestellte Manufakturwerk mit fünf Tagen Gangreserve und Präzisionswerten oberhalb des COSC-Standards. Ein Teil des Erlöses fließt in die Carl Brashear-Stiftung, die an das spektakuläre Werk des mutigen Soldaten erinnert.
“Es ist keine Sünde, zu Boden zu gehen. Es ist eine Sünde, liegen zu bleiben”
Kein Lebensmotto könnte die Geschichte Brashears besser beschreiben. 1931 in einer Farmpächter-Familie aus Kentucky geboren, wird der Afroamerikaner bereits in jungen Jahren mit Rassismus, Armut und Analphabetismus konfrontiert.
1948, kurz nach Abschaffung der Rassendiskriminierung im amerikanischen Militär, tritt er in die US Navy ein und kämpft jahrelang für seine Aufnahme in den anspruchsvollen Rettungstaucher-Dienst. Mit Erfolg: 1954 wird Brashear einer der ersten afroamerikanischen Taucher im US-Militär und zeigt ein außergewöhnliches Engagement.
Neben riskanten Bombenentschärfungen meistert er die Rolle eines Tauchlehrers und ist von 1956 bis 1958 für die Eskortierung der präsidentiellen Yacht Eisenhowers verantwortlich. 1966 verliert Brashear sein linkes Bein vom Knie abwärts bei einer Entschärfungsmission vor der spanischen Küste.
Obwohl die Verletzung eine berufliche Zukunft unter Wasser hoffnungslos erscheinen lässt und die Navy auf eine Versetzung in den Ruhestand drängt, gibt der hartnäckige Soldat nicht auf und erlangt seine Taucherfähigkeiten in zweijähriger Arbeit zurück. 1968 wird er zum ersten teilamputierten Taucher der US Navy, gefolgt von der Beförderung zum “Master Diver” im Jahr 1970. Erst 1979 scheidet der Marinetaucher aus dem Dienst. Internationale Bekanntheit erreicht seine Lebensleistung im Film “Men of Honor” (2000) mit Robert de Niro und Cuba Gooding jr.
Oris und die Brashear-Foundation: Kooperation seit 2015
Nach dem Tod des Veteranen im Jahr 2006 gründet sein Sohn Philip eine Stiftung, die sich für die Rehabilitierung verwundeter Soldaten einsetzt und Brashears Botschaft, niemals aufzugeben, an jüngere Generationen vermittelt. Dieser Einsatz weckt die Aufmerksamkeit des Oris-Co-CEOs Rolf Studer, der 2015 eine Kooperation zwischen der Schweizer Uhrenmarke und der amerikanischen Stiftung einleitet.
Eine Win-Win-Situation: Während die Foundation von zusätzlicher Aufmerksamkeit profitiert, vermarktet das Hölsteiner Unternehmen bereits im darauffolgenden Jahr eine Special Edition mit dem großen Namen des amerikanischen Tauchers.
Limited Edition 2016: Erste Oris mit Bronzegehäuse
Für Aufsehen sorgt bei der 2016er Oris Brashear vor allem das Gehäuse: Als erstes Modell besteht die 42 Millimeter große Taucheruhr aus Bronze, wodurch sie eine hohe Reaktionsfreudigkeit besitzt und nach einer gewissen Tragezeit zum Unikat wird. Wer die 100 Meter Wasserdichtigkeit austestet, muss sich auf eine besonders starke Patina-Entwicklung einstellen. Unter dem Edelstahlboden mit Spezialgravur tickt das automatische Kaliber 733 auf Basis des Sellita SW 200-1, das der Oris Brashear unspektakuläre 38 Stunden Gangreserve beschert. Eine Stärke ist das Fensterdatum auf sechs Uhr, welches die Symmetrie des Zifferblatts erhält.
Stärker als dieses Detail fällt die Farbgebung der dunkelblauen Frontseite ins Auge: Von gewölbtem Saphirglas bedeckt, vereint sie ein tiefblaues Dégradé-Design mit bronzefarbenen Markierungen und korrespondierender Leuchtmasse in “light old radium”. Neukäufer erhalten den Exoten in einer edlen Holzschatulle, die den besonderen Status des Sondermodells unterstreicht. Insgesamt wird die erste Sonderedition ein glänzender Erfolg: Die 2.000 Exemplare sind im Nu ausverkauft und werden auf dem Gebrauchtmarkt über dem einstigen Herstellerpreis von 2.600 Euro gehandelt.
Nummer Zwei: Oris Carl Brashear Chronograph
Grund genug zur Weiterführung der Kooperation zwischen Oris und der Brashear-Foundation. Zwei Jahre nach dem Auftakt erscheint der Oris Carl Brashear Chronograph (Ref. 01 771 7744 3185), der das ästhetische Grundrezept seines Vorgängers mit einem größeren Durchmesser (43 Millimeter) und der namensgebenden Stoppfunktion vereint.
Vieles bleibt identisch: Nicht nur das charakteristische Bronzegehäuse, sondern auch die Beschränkung auf 2.000 Uhren, der gravierte Edelstahlboden mit exakter Nummerierung und die Zifferblattfarbe entsprechen dem 2016er-Modell.
Wie eine eigene Modellfamilie etabliert sich die Oris Brashear im Portfolio des Hölsteiner Herstellers und übertrifft die Erfolge gewöhnlicher Editionen um Längen. Ganz im Stile der ersten Limited Edition, lassen Ausverkauf und Gebrauchtpreise über der Herstellerforderung von 4.400 Euro nicht lange auf sich warten.
Kein Wunder: Der Oris Diver Chronograph wirkt mit seinem reduzierten Bicompax-Zifferblatt extrem elegant und hat nebenbei eine spannende Geschichte zu erzählen. Weniger spannend ist das Innenleben, wo uns das automatische Kaliber 771 auf Basis des Sellita SW 510 begrüßt. Letzteres ist mit 48 Stunden zwar ein gutes Arbeitstier, kommt aber nicht an den Ruhm eines Manufakturkalibers heran.
2021: Dritte Generation mit Manufakturwerk
2021 entschließen sich die Hölsteiner Ingenieure, diesen Umstand zu ändern und die Oris Brashear auch von innen zu einem echten Hingucker zu machen. Für diesen Zweck prädestiniert ist das im Oktober 2020 vorgestellte Manufakturkaliber 400, welches in der Variante 401 mit kleiner Sekunde verbaut wird und eindrucksvolle Leistungsdaten aufweist. Aus zwei Federhäusern resultieren satte 120 Stunden Gangreserve (fünf Tage), die sich mühelos in den höchsten Rängen der Haute Horlogerie sehen lassen könnten. Gleiches gilt für die Präzision: Während die COSC eine maximale, mittlere tägliche Gangabweichung von -4/+6 Sekunden vorschreibt, kommt der Diver aus Hölstein auf -3/+5 Sekunden. Damit wäre das Zertifikat garantiert, aber die Schweizer geben sich bescheiden und verzichten auf die offizielle Auszeichnung.
Viel wertvoller ist ohnehin die Magnetresistenz der Oris Brashear: Weil 30 der 150 Werksbestandteile aus nicht eisenhaltigen Stoffen bestehen (beispielsweise Anker und Ankerrad aus Silizium), erweist sich die Limited Edition als extrem robust. Eine weitere Besonderheit betrifft die Größe. Basierend auf dem Gehäuse der Divers Sixty-Five, erstreckt sich die neuste Auflage über angenehme 40 Millimeter und ist damit spürbar kompakter als ihre Vorgänger. Der Rest wirkt jedoch vertraut: Bronzegehäuse, Zifferblattgestaltung und die Auflage von 2.000 Stück markieren eine konsequente Fortsetzung der Dynastie. Wie gewohnt, wird der bis zu 100 Meter wasserdichte Oris Diver in einer aufwendigen Holzbox geliefert.
Wer die Carl Brashear Cal. 401 Limited Edition (Ref. 01 401 7764 3185) besitzen will, muss 3.700 Euro auf dem Neumarkt einplanen (falls noch erhältlich). Darin enthalten: Rekordverdächtige 10 Jahre Garantie, die das Selbstvertrauen der Schweizer in ihre hauseigene Mechanik betonen. „Selbstvertrauen“ ist in einem Artikel über Brashear wohl das perfekte Schlusswort.