Quarzuhren im Luxussegment

« Liebe auf den zweiten Blick »

Wer heute von Luxusuhren spricht, denkt dabei meist an mechanische Uhren mit Automatik oder Handaufzug. Doch eine Reihe namhafter Uhrenmanufakturen – darunter zum Beispiel Breitling, Chopard, Omega und TAG Heuer – führt neben hochwertigen mechanischen Luxusuhren auch solche mit Quarzwerken im Sortiment. Dass diese im Luxussegment – ganz anders als am Uhrenmarkt insgesamt – heute in der Minderheit sind und bei Uhrenliebhabern oft nur als “Liebe auf den zweiten Blick” wahrgenommen werden, hat historische Gründe.

Ein Blick zurück: Quarztechnologie auf dem Vormarsch

Das Erreichen einer immer höheren Ganggenauigkeit und damit einer möglichst präzisen Zeitanzeige war seit jeher ein zentrales Ziel von Uhrmachern. Um diesem Ziel immer näher zu kommen, haben sie im Laufe der Zeit zahlreiche Innovationen entwickelt. Darunter waren wichtige Meilensteine der Uhrengeschichte, und einige dieser technischen Lösungen haben ihre praktische Relevanz bis heute nicht verloren.

Kaum eine Innovation dürfte jedoch für die gesamt Uhrenbranche von solcher Tragweite gewesen sein wie die Entwicklung der Quarzuhren.

Die technischen Voraussetzungen dafür wurden bereits in den 1920er Jahren im Zusammenhang mit der Hochfrequenzforschung geschaffen. Die erste Quarzuhr der Welt wurde im Jahr 1927 von Joseph W. Horton und Warren Alvin Marrison der Öffentlichkeit präsentiert. Erste Varianten dienten allerdings nur ausnahmsweise als Uhren, sondern wurden vielmehr als Laborgeräte und Messinstrumente für wissenschaftliche Experimente verwendet.

Breitling Aerospace Evo Kollektion Quarzuhren

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten sie sich zum industriellen und wissenschaftlichen Standard und verdrängten die bis dahin verwendeten Präzisionspendeluhren. Nachdem erste Versuche zur Entwicklung von tragbaren Quarzuhren noch am zu hohen Stromverbrauch der dabei eingesetzten Röhrenelektronik gescheitert waren, gelang es der Schweizer Uhrenmanufaktur Patek Philippe Ende der 1950er Jahre, die ersten praxistauglichen Quarzarmbanduhren herzustellen. Möglich wurde dies durch die Halbleitertechnologie und neuartige Synchronmotoren; zudem standen inzwischen zuverlässige Batterien zur Verfügung.

Junghans Max Bill Kollektion Quarzuhren

Im Jahr 1960 brachte Patek Philippe mit der Chronotome schließlich die erste tragbare Batteriequarzuhr auf den Markt, die in Kleinserie gefertigt wurde. Wenig später folgten entsprechende Modelle von Seiko und Junghans. Sie alle waren damals noch wesentlich teurer als hochwertige Uhren mit mechanischen Werken.

Die Quarzuhr wird zum Massenprodukt

Um 1970 erlaubte es der Entwicklungsstand der Mikroelektronik, die ersten Quarzuhren für den Massenmarkt herzustellen. Vor allem bei Auto-, Tisch- und Wanduhren führte dies zu einem schnellen Preisverfall. Mitte der 1970er Jahre lagen die Preise von Quarzuhren bereits niedriger als die für mechanische Uhren. Gleichzeitig waren die auf der Quarztechnologie basierenden Uhren wesentlich genauer und, abgesehen vom gelegentlich notwendigen Batteriewechsel, nahezu wartungsfrei.

Seiko Premier Kinetic Direct Drive Quarz Version SRG009P1Mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung setzte dieselbe Entwicklung auch im Segment der Armbanduhren ein.

Das Quarzwerk wird serienreif

Bereits 1967 hatten Quarzarmbanduhren erhebliches öffentliches Interesse geweckt, als die vom Schweizer Centre Electronique Horloger (CEH) und von dem japanischen Uhrenhersteller Seiko eingereichten Prototypen von Quarzarmbanduhren sich beim Chronometerwettbewerb des Neuchateler Observatoriums im Vergleich zu sämtlichen anderen mechanischen Wettbewerbern als überlegen erwiesen hatten.

Dabei konnten die Schweizer Produkte dank Temperaturkompensation noch bessere Resultate erzielen als ihre Wettbewerber aus Japan. Allerdings hatte man bei Seiko von Anfang an eine spätere Massenproduktion im Blick gehabt und zu Weihnachten 1969 die erste Quarzarmbanduhren-Kleinserie Astron verkauft.

Der Stückpreis entsprach damals allerdings noch etwa dem eines Kleinwagens.

Nachdem es Seiko gelungen war, bis 1972/73 drei wesentliche Schlüsseltechnologien, die bis heute bei praktisch jeder analog-Quarzuhr zum Einsatz kommen, bis zur Serienreife zu entwickeln, war die dominante Marktstellung japanischer Uhrenhersteller im Quarz-Segment endgültig erreicht. Die drei entscheidenden technologischen Komponenten waren der fotolithografisch hergestellte stimmgabelförmige Quarzresonator, der Schrittschaltmotor sowie die integrierte Schaltung vom CMOS-Typ.

Breitling Cockpit B50 Kollektion Quarzuhren

Bei Quarzuhren mit Digitalanzeige setzte sich nach anfänglichen Versuchen mit Leuchtdioden (LED) bald die energiesparenden Flüssigkristallanzeigen (LCD) durch.

Die Preise fallen

Nachdem die Preise von Quarzarmbanduhren um die Mitte der 1970er Jahre bereits bei weniger als 100.- DM lagen und schnell noch weiter zurückgingen, waren mechanische Uhrwerke auch im Armbanduhrensegment sowohl qualitativ als auch preislich nicht mehr wettbewerbsfähig. Da viele traditionelle Uhrenhersteller, insbesondere auch in der Schweiz, diesen Trend zu spät erkannt oder ihre Unternehmensstrategie nicht früh genug darauf eingestellt hatten, kam es zur sogenannten Quarzkrise.

Die bis dahin weithin dominierende Schweizer Uhrenindustrie verlor erhebliche Anteile des Armbanduhrenmarktes an ihre fernöstlichen Wettbewerber.

Diese überfluteten den Markt regelrecht mit immer billigeren Quarzuhren und konnten ihre Konkurrenz zudem auch in puncto Genauigkeit hinter sich lassen. So blieb es nicht aus, dass zahlreiche alteingesessene Unternehmen der Branche in den 1970er und 1980er Jahren in eine wirtschaftliche Schieflage gerieten und entweder schließen oder sich zu größeren Einheiten zusammenschließen mussten.

Quarzuhr und Luxusuhr – auch heute kein Widerspruch

Angesichts der Tatsache, dass die Quarzuhr immer mehr zum Massenprodukt wurde, setzten namhafte Schweizer Uhrenmanufakturen auf eine Neupositionierung von mechanischen Armbanduhren als Luxusprodukt. Diese Strategie erwies sich letztlich als erfolgreich, denn in diesem Marktsegment sind Schweizer Unternehmen im weltweiten Vergleich heute führend. Gleichwohl haben aber nahezu alle großen Namen der Schweizer Uhrenindustrie auch hochwertige Quarzuhren entwickelt und bieten diese zum großen Teil auch weiterhin an.

Chopard Happy Sport Kollektion Quarzuhren

Die Positionierung der Quarz-Modelle und deren Anteil innerhalb der einzelnen Sortimente und Kollektionen variiert jedoch von Unternehmen zu Unternehmen. Bei Chopard beispielsweise ist der Anteil der Uhren mit Quarzwerken relativ hoch, während er bei Herstellern wie Omega, Breitling und TAG Heuer deutlich geringer ausfällt.

Breitling Chronospace Military Kollektion Quarzuhren

Während wenige Premium- und Luxusuhrenkollektionen, wie beispielsweise die T-Touch von Tissot oder die mit analoger und digitaler Anzeige ausgestatteten Chronospace-Modelle von Breitling, ausschließlich als Quarzversionen erhältlich sind, gibt es Uhren wie die Longines Hydroconquest, die Omega Seamaster Aqua Terra oder verschiedene Modelle der TAG Heuer Formula 1 sowohl in einer Quarz- als auch in einer Automatikversion.

Tag Heuer Formula 1 Kollektion Quarzuhren

Teilweise sind sie erst auf den zweiten Blick voneinander zu unterscheiden, etwa anhand von Schriftzügen auf dem Zifferblatt oder der gleichmäßigen beziehungsweise schrittweisen Bewegung des Sekundenzeiters.

Rolex beschreitet seit 2001 einen Sonderweg

Einen anderen Weg hat übrigens Rolex eingeschlagen. Mit der Oysterquartz Datejust und der Oysterquartz Daydate, die in verschiedenen Modellversionen erhältlich waren, hatte diese Uhrenmanufaktur zwar auch Quarzuhren zur Marktreife entwickelt und über rund zwei Jahrzehnte im Sortiment geführt, doch 2001 endete diese Ära.

Seither beschränkt sich Rolex ausschließlich auf mechanische Luxusuhren.

Die Quarzmodelle mit der Krone auf dem Zifferblatt sind jedoch auf dem Sammlermarkt und bei Auktionen nach wie vor präsent und erzielen dort regelmäßig hohe Preise. Insgesamt bleibt also festzuhalten, dass Quarzuhren im Luxussegment durchaus verdientermaßen ihren festen Platz haben – wenngleich sie dort nur einen relativ geringen Marktanteil ausmachen. Und was Luxus ist oder bedeutet, darf ohnehin jeder für sich selbst entscheiden.

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