« Neues von der bekanntesten Uhrenmesse »
Von der klassischen Messe zur offenen Erlebniswelt: Seit 2019 reagiert die Baselworld mit einem neuen Konzept auf die schwindenden Besucherzahlen der letzten Jahre. Ab 2020 betreffen die Änderungen auch den Zeitplan, denn die weltweit größte Uhrenmesse folgt direkt auf die Watches and Wonders Geneva. Von der Koordination mit der Genfer Ausstellung erhoffen sich die Veranstalter eine höhere Attraktivität für Händler, Besucher und Medien.
2019: Jahr des Umbruchs in Basel
Die Welt der Messen steht in diesen Tagen unter dem größten Druck ihrer Geschichte. Nicht nur das Ende der Cebit in Hannover seit 2019, sondern auch die stetig schrumpfende Größe der einst so prächtigen IAA zeugt von der Bedrohung des Messekonzepts. Ein trauriger Trend, von der die Uhrenindustrie ebenso wenig verschont blieb wie andere Branchen:
Verzeichnete die Baselworld im Jahr 2014 noch 150.000 Besucher und etwa 1.400 Aussteller, waren es fünf Jahre später nur noch 82.000 Gäste und knapp über 500 Marken.
Erstmals blieb die Swatch Group mitsamt ihrer 14 Hersteller dem prestigeträchtigen Event komplett fern. Doch damit nicht genug. Neben Marken wie Rado, Omega, Longines oder Union Glashütte gab auch Breitling einen Rückzug von der renommierten Messe bekannt.
Warnende Signale, die sich der Veranstalter MCH Group offenbar zu Herzen nahm. So führte man im Jahr 2019 nicht nur organisatorische, sondern auch gestalterische Neuerungen ein. Wie zum Beispiel den “Show Plaza”, einer Bühne für internationale Models zur Präsentation von Schmuckstücken. Oder den “Central Plaza”, eine grün bepflanzte Umgebung zum Flanieren, Essen und Zusammenkommen. Weg mit den klassischen Vorstellungen einer Messe, her mit etwas Frischem, Aufregendem.
Trotz aller Bemühungen sanken die Besucherzahlen gegenüber 2018 nochmals. Ein Grund zum Aufgeben?
Ein Besuch, zwei Messen
Nicht, wenn es nach dem Managing Director Michel Loris-Melikoff geht. Der ambitionierte Organisator, der sich schon 2019 für zahlreiche Änderungen wie etwa niedrigere Messe- und Übernachtungspreise oder ein neues Medienzentrum mit besseren Arbeitsbedingungen einsetzte, wird seine innovative Umstrukturierung auf der Baselworld 2020 fortsetzen. Denn auch dieses Jahr werden die Besucher auf das neu gestaltete Konzept des Vorjahres treffen – inklusive Central Plaza und Show Plaza. Ganz anders hingegen verhält es sich mit dem Zeitplan, der einer grundsätzlichen Renovierung unterzogen wurde. Heißt konkret: Die Baseler Messe wird 2020 direkt nach der Watches and Wonders Geneva – so heißt der SIHH jetzt – stattfinden.
Während die Genfer Ausstellung ihre Tore vom 25. bis 29. April öffnet, hält das Uhrenfieber der Baselworld 2020 vom 30. April bis 5. Mai an. Eine wohlüberlegte Koordination, denn jetzt müssen internationale Händler und Medien nur noch einmal in die Schweiz reisen. Zwei Fliegen mit einer Klappe, wie man so schön sagt. Ob beide Messen tatsächlich von der Zusammenlegung profitieren werden, ist im Voraus noch unklar. Besser als die bisherige Lösung ist diese Gestaltung aber allemal: Traditionell reisten die Besucher im Januar zum SIHH und durften zwei Monate später erneut zum Baseler Salon aufbrechen.
Einigkeit bis 2024 – mindestens
Ein Umstand, den die starken Messen der Vergangenheit ihren Teilnehmern problemlos abverlangen konnten. Doch die Kräfteverhältnisse haben sich verschoben: In Zeiten rückläufiger Besucherzahlen sind die beiden größten Veranstaltungen der Horologie zur Anpassung an die Teilnehmer gezwungen. Kein Wunder also, dass die zweckmäßige Ehe gleich bis ins Jahr 2024 eingegangen wurde – bis dahin herrscht schon jetzt Einigkeit über die zusammengelegten Termine.
Falls sich die Idee bewähren sollte, ist eine Fortsetzung in fernerer Zukunft so gut wie sicher.
Mehr erleben: Die Messen werden greifbarer
Doch nicht nur der Entfall einer zweiten Anreise, sondern auch das vielfältigere Erlebnis spricht für die zeitliche Koordination. Einerseits das breite Bild der Baselworld 2020 mit ihren hunderten Ausstellern, andererseits die exklusive Atmosphäre des ehemaligen SIHH. Wer beide Messen einmal besucht hat, kennt ihren völlig unterschiedlichen Charakter. Haute Horlogerie auf dem Genfer Palexpo-Gelände, internationale Großveranstaltung im Baseler Neubau des Architekturbüros Herzog & de Meuron. Die klare Unterscheidung beider Veranstaltungen ist durch ihre Terminabsprache wichtiger denn je geworden – schließlich will niemand zweimal das Gleiche sehen.
Parallel dazu bemühen sich die Events um eine Annäherung an die breite Masse der Uhrenliebhaber. Noch deutlicher als bei der Baselworld 2020 kommt diese Anstrengung bei der Watches and Wonders zum Ausdruck: Erstmals überhaupt wird sie 2020 neben der eigentlichen Ausstellung eine ganze Erlebniswelt in der Genfer Innenstadt organisieren, die dem interessierten Besucher alle Aspekte der Uhrenbranche näher bringt. Vorbei die Zeiten, als der Eintritt zum SIHH nur auf Einladung möglich war. Im Idealfall könnte die bessere Greifbarkeit der Messen – neben der zeitlichen Abstimmung – zu der lang ersehnten Erhöhung der Besucherzahlen führen. Damit wäre der Start in die 20er-Jahre perfekt.
Fazit: Licht am Ende des Tunnels
Die erschreckenden Tiefschläge der Baselworld in den letzten Jahren lesen sich für begeisterte Uhrenfans wie Horrorgeschichten. Wird es die Messe zukünftig noch geben? Und wohin entwickelt sich die Uhrenindustrie? Ehrlich gesagt, wir wissen es nicht. Doch die aktuellen Meldungen geben Hoffnung auf eine baldige Besserung:
Von der Zusammenlegung wichtiger Termine bis hin zur Überarbeitung beider großer Veranstaltungen wird einiges unternommen, um die traditionsreichen Schweizer Messen zurück auf den Erfolgsweg zu bringen. Wer selbst zum Gelingen dieses Plans beitragen möchte, sollte 2020 über eine Reise ins Alpenland mit zwei spannenden Messebesuchen nachdenken. Ein wahrer Traumurlaub für jeden Enthusiasten.