« Gebrauchtuhren mit Garantie »
Kann man die Sicherheit des Neumarktes mit den preislichen Vorzügen gebrauchter Zeitanzeiger verbinden? Eine spannende Frage, die zahllose Uhrenliebhaber auf dem Weg zu ihrer Rolex, Breitling oder Omega beschäftigt. Ein neuer Trendbegriff namens “Certified Pre-owned” möchte die perfekte Antwort geben und findet sich auf den Websites dutzender Händler. Was zertifizierte Gebrauchtuhren genau ausmacht und welche Vorteile sie bieten, erklären wir in diesem Beitrag.
“Gekauft wie gesehen”: Risiken von Plattformen und Auktionen
Wer schon einmal auf dem Gebrauchtwagenmarkt gehandelt hat, dürfte mit der beliebten Phrase “gekauft wie gesehen” bestens vertraut sein: Vornehmlich in privaten Kaufverträgen verankert, befreit sie den Verkäufer von Gewährleistungspflichten im Falle späterer Mängel. Eine ähnliche Situation zeigt sich, wenn man gebrauchte Uhren bei Live- oder Online-Auktionen (zum Beispiel auf Ebay) erwerben möchte.
Zwar geben die Fotos, Beschreibungen und Bewertungen des Händlers Aufschluss über seine Seriosität, doch eine Garantie für die Echtheit und Funktionstüchtigkeit des Wertgegenstands existiert in der Regel nicht. Sollte also etwas schieflaufen, bleibt der Kunde auf dem Schaden sitzen – ärgerlich bei einer Longines für 2.000 Euro, katastrophal bei einer Breguet für das Zehnfache.
Nicht viel anders sieht es auf Plattformen aus. Bei der Zusammenführung von Käufer und Verkäufer gewährleisten sie zwar einen sicheren Kaufvorgang mittels Treuhandkonten und anderer Maßnahmen, können aber nicht für die Qualität des Produktes selbst bürgen. Hier liegt es wieder beim Kunden, die Vertrauenswürdigkeit des Händlers einzuschätzen. Insbesondere neuen Enthusiasten, die einen spürbaren Teil ihres Ersparten für die lang ersehnte Traumuhr opfern möchten, sind diese Sicherheitsstandards nicht hoch genug. Sorgen, die das “Certified”-Siegel vieler Händler aus dem Weg räumen soll.
Certified Pre-owned: Gewährleistung von Echtheit und Funktion
Unter der Bezeichnung “Certified Pre-owned” (zu deutsch: zertifiziert gebraucht) versteht man Uhren aus Vorbesitz, die zur Bestätigung ihrer Originalität und Funktionstüchtigkeit von einem qualifizierten Uhrmacher analysiert wurden.
Dieser führt neben einer vollständigen Überholung des Werkes auch gegebenenfalls erforderliche Polituren durch, prüft die Wasserdichtigkeit von Divern und schätzt den Wert des “pre-owned” Zeitanzeigers.
Wer eine gebrauchte Uhr kaufen möchte, erhält dadurch ein hohes Maß an Sicherheit und steht meist vor einer Auswahl besonders gut erhaltener Modelle, weil Händler mit “Certified”-Garantie üblicherweise nach strengen Kriterien sortieren.
Ein Geschäftsmodell, dessen Beliebtheit in den letzten Jahren exponentiell angestiegen ist. Nicht weniger rasant wächst die Anzahl der Anbieter: So übernahm der Richemont-Konzern im Jahr 2018 den britischen Gebrauchthändler Watchfinder, um den stationären wie digitalen Handel mit “Certified Pre-owned” Uhren voranzutreiben. Auch Online-Shops wie Uhrinstinkt, deren hauptsächlicher Fokus auf neuen Modellen liegt, engagieren zunehmend eigene Spezialisten und erweitern ihr Programm um zertifizierte Uhren aus Vorbesitz. Eine Beschränkung auf bestimmte Preisklassen gibt es dabei nicht: Neben Luxusmarken wie Rolex oder Omega sind auch erschwinglichere Hersteller wie Tudor, Maurice Lacroix oder Tissot im Gebrauchtsegment vertreten.
Mehr Sicherheit zum höheren Preis
Die erhöhten Sicherheitsstandards bei zertifizierten “pre-owned” Editionen bedeuten aber nicht, dass sie dem etablierten Handel auf Plattformen oder Auktionsseiten generell überlegen sind. Denn wie man so schön sagt, hat alles seinen Preis: Nicht nur die Begutachtung und sämtliche Arbeiten des Uhrmachers, sondern auch die Bereitstellung einer Garantie sind Kosten- beziehungsweise Risikofaktoren für den Händler und werden im Preis der Uhr berücksichtigt. Ähnlich wie eine Versicherung, ist “Certified Pre-owned” als zahlungspflichtige Dienstleistung mit einem entsprechenden Aufschlag gegenüber Zeitanzeigern ohne diese Sicherheit zu betrachten.
Ob man gebrauchte Uhren mit diesem Siegel kaufen möchte, hängt also von den individuellen Präferenzen eines jeden Käufers ab. Wer als Sammler den Deal seines Lebens auf einer Vintage-Auktion wittert und eine gewisse Risikobereitschaft mitbringt, sollte fleißig mitbieten und zertifizierte Angebote aus den Augen lassen. Geht es hingegen um die erste Breitling nach dem Studium oder den lang erwarteten Aufstieg in die Haute Horlogerie von Breguet und anderen Spitzenmarken, spielt Risiko häufig eine entscheidende Rolle und der Mehrpreis für die Begutachtung lohnt sich.
Zertifizierte Uhren als Ersatz für Neumodelle?
Möchte man eine gebrauchte Uhr kaufen, steht nicht immer die finanzielle Ersparnis im Vordergrund. Zwar gehen die meisten Marken wie Longines, Tudor, Tissot oder Maurice Lacroix mit Wertverlusten einher, doch Rolex und Patek Philippe liefern zwei glänzende Gegenbeispiele: Modelle wie die Daytona oder Nautilus sind so gefragt, dass sie auf dem Neumarkt nur nach langen Wartezeiten oder mit heftigen Preisaufschlägen erhältlich sind.
Hier erweist sich Certified Pre-owned häufig als idealer Mittelweg: Man zahlt zwar immer noch mehr als den offiziellen Neupreis, meidet aber die hohen Aufschläge sofort erhältlicher Neumodelle und erhält gleichzeitig eine Uhr, die dem unbenutzten Zustand sehr nahe kommt. Ein gutes Beispiel dafür ist die Rolex Submariner, die viele Online-Händler wie beispielsweise Uhrinstinkt als zertifizierte Gebrauchtmodelle führen.
Höherer Sammlerwert mit Papieren und Unterlagen
Einen letzten, für die meisten Sammler wichtigen Aspekt stellt die Vollständigkeit des Lieferumfangs dar. Denn die Originalpapiere eines Zeitanzeigers verraten nicht nur viel über seine Vergangenheit, sondern geben auch das gute Gefühl eines “kompletten” Kaufs und helfen bei der zukünftigen Dokumentation von Wartungen oder Reparaturen.
Certified Pre-owned Uhren bieten in aller Regel nicht nur diesen Vorteil, sondern verfügen zusätzlich auch über separate Unterlagen des Händlers, die Aufschluss über vorgenommene Arbeiten des Uhrmachers sowie mögliche Mängel geben. Sollten die Originalpapiere fehlen, erweisen sich Analyse und Zertifizierung als besonders sinnvoll und räumen Sorgen bezüglich des Zustands aus dem Weg.