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Sie denken, Schweizer Uhren seien das konkurrenzlose Maß aller Dinge? Dann kennen Sie die aufregende Vielfalt deutscher Uhrenmarken noch nicht: Vom Schwarzwald bis zu den Manufakturen Glashüttes gibt es eigenständige Designs, hohe Qualitätsstandards und reichlich Tradition zu entdecken. Was besonders begeistert, ist die breite Modellvielfalt im Preisbereich bis 5.000 Euro. Wir zeigen, welche Editionen Sie kennen sollten und was die einzelnen Marken voneinander trennt.
Vom Staatsbetrieb in die Freiheit: Die Faszination Glashütte Original
Der erste unserer sieben deutschen Uhrenmarken ist gleichzeitig der luxuriöseste: Glashütte Original. 1845 vom berühmten Uhrmacher Ferdinand Adolph Lange gegründet, erlebte das Unternehmen eine der spannendsten Geschichten der ganzen Branche:
Blühender Aufstieg bis zum Zweiten Weltkrieg, dann Zerstörung, Demontage und Verstaatlichung zum “Volkseigenen Betrieb” Glashütter Uhrenbetriebe (GUB). Seit der Wiedervereinigung ist die heute zur Swatch Group gehörende Marke wieder eigenständig und hebt sich durch typische Merkmale wie gebläute Zeiger, die formschöne Schwanenhals-Regulierung und Streifenschliffe von den Schweizer Herstellern ab.
Die wichtigste Kollektion ist die klassische Senator-Linie, die bei rund 4.000 Euro beginnt und bis zum 80.000-Euro-Tourbillon sämtliche Komplikationen abdeckt. Eine Zeitreise in die DDR-Ära des Unternehmens ermöglichen die Sixties-Modelle im Sechziger-Jahre-Look und die Retro-Editionen der Seventies Linie. Und wer es besonders exklusiv mag, greift zu den Gold- oder Platinuhren der Pano Edition, die durch ihre dezentralen Zifferblätter aus der Masse hervorsticht.
Glashütter Qualität zu erschwinglichen Preisen
Man muss allerdings kein Vermögen opfern, um in den Genuss der Glashütter Qualitätsstandards zu kommen. Den Beweis dafür liefert Union Glashütte: Im Preisbereich zwischen 1.000 und 3.000 Euro aufgestellt, hält das innovative Produktportfolio der deutsche Uhrenmarke ausschließlich mechanische Kollektionen bereit und zeigt sich in puncto Design sehr flexibel.
So legt die Belisar Reihe einen betont sportlichen Fokus, während die beliebte 1893 Serie nicht klassischer sein könnte. Elegante Ziffern, funktionale Vollkalender und eine solide Bauweise zeichnen jene Uhren aus, die nach dem Gründungsjahr der Firma benannt sind: 1893 von Johannes Dürrstein eröffnet, erlebte sie Aufstieg und Fall der sächsischen Uhrenindustrie schonungslos mit. Ebenfalls in die GUB integriert, 1994 privatisiert und seit 2008 zur Swatch Group zählend, ist der heutige Hersteller ein echter Geheimtipp für Mechanik-Enthusiasten und punktet mit einem exzellenten Preis-Leistungs-Verhältnis.
Kriterien, die eine weitere Marke des weltberühmten Uhrmacherortes ebenfalls mit Bravour erfüllt: Mühle Glashütte. Zwar deckt sie einen ähnlichen Preisbereich wie Union ab, legt jedoch einen stärkeren Fokus auf funktionale Einsatzbereiche. Vor allem das Wasser spielt bei Mühle eine große Rolle: Seit ihrer Gründung 1868 in Familienhand und im Laufe der Geschichte mehrfach neu eröffnet, spezialisiert sich die der deutsche Uhrenmarke seit 1994 auf nautische Instrumente wie etwa Schiffschronometer oder größere Uhrenanlagen.
Erfahrungen, die neben den Divern der ProMare Kollektion und der extremen Rasmus 2000 (mit 2.000 Metern Wasserdichtigkeit) auch die klassischen Instrumente des Herstellers zeichnen. Besonderer Beliebtheit erfreut sich die Teutonia II Serie, wo elegante Linien auf die typische Robustheit einer Mühle treffen. Sie startet bei rund 1.600 Euro für die simpelsten Editionen und reicht bis etwa 3.000 Euro im Falle der Chronographen.
Sinn – professionelle Spezialuhren aus Frankfurt
Geht es um pure Funktionalität und technische Innovationen, macht der Traditionsmarke Sinn aus Frankfurt niemand etwas vor. 1961 vom passionierten Fluglehrer und Piloten Helmut Sinn gegründet, ist der Hersteller vor allem für seine Instrumentellen Chronographen berühmt. Editionen wie die 103 oder 140 bieten eine unvergleichliche Robustheit und Funktionssicherheit auf dem deutschen Markt. Einsteigermodell bei Sinn ist die knapp 1.000 Euro teure 556, nach oben ist bei rund 5.000 Euro (abgesehen von seltenen Gold- und Sondermodellen) Schluss.
Was die Editionen aus der Mainmetropole von anderen Herstellern unterscheidet, ist eine Vielzahl hauseigener Innovationen wie etwa die schmierstofffreie Ankerhemmung DIAPAL oder die TEGIMENT-Technologie für besonders kratzfeste Oberflächen.
Dass die deutsche Uhrenmarke auch ästhetische Aspekte beherrscht, stellen die Frankfurter Finanzplatzuhren unter Beweis: Rund 3.000 Euro bringen dem Käufer einige der schönsten und elegantesten Dresswatches aus deutscher Produktion.
Junghans – Fortschritt und optische Klarheit aus Schramberg
Von Frankfurt in den Schwarzwald, wo die wahrscheinlich berühmteste Uhrenmarke Deutschlands seit 1861 ihren Sitz hat. Aktuell hält Junghans acht Kollektionen bereit, unter denen die 1961 lancierte Max Bill Uhrenkollektion als minimalistische Ikone hervorsticht. Vom gleichnamigen Schweizer Künstler im unverkennbaren Bauhausstil entworfen, setzt die Reihe auf maximale Reduktion und wirkt nach fast 60 Jahren immer noch modern. Los geht es bei circa 400 Euro für die Quarz- und etwa 800 Euro für die Automatik-Varianten. Ähnlich zeitlos geht es bei der Meister Mega Kollektion zu, doch statt traditioneller Mechanik arbeitet hier hochmoderne Funktechnik.
Ein ewiger Kalender bis zum Jahr 2400, eine selbstständige Zeitkorrektur und weitere Features machen die Reihe zum digitalen Vorreiter bei Junghans. Angesichts der innovativen Geschichte des Herstellers ist das kein Wunder: So präsentierten die Schramberger 1971 das erste deutsche Quarzwerk, worauf 1990 mit der Mega 1 die weltweit erste Digital-Funkarmbanduhr folgte.
Zurück nach Glashütte: Hochmoderne Designs aus dem Müglitztal
Modernität ist auch bei Nomos das perfekte Stichwort. Zurück in Glashüttes beeindruckender Markenvielfalt, lernen wir eine junge und fortschrittliche Marke kennen, die in Sachen Qualität keine Kompromisse kennt. Besonderen Wert legt Nomos auf seine hohe Fertigungstiefe von etwa 95 Prozent, die die Glashütter Regel von 50 Prozent bei Weitem übertrifft – unter diesem Wert dürfte keine Uhr das örtliche Qualitätssiegel tragen. Zeitlosigkeit und Minimalismus dominieren alle Kollektionen, wobei sich die Tangente Uhren einer besonderen Beliebtheit erfreuen.
Zusammen mit der kantigen Tetra und klassischen Orion erschienen diese Modelle im Jahr 1992, nur zwei Jahre nach der Unternehmensgründung. Was Nomos besonders attraktiv macht, ist das gute Preis-Leistungs-Verhältnis: Bis etwa 4.000 Euro erhält man eine Wertarbeit, die den Schweizer Prestige-Marken in nichts nachsteht. Wer sich für eine attraktive Auswahl im dreistelligen Preisbereich interessiert, muss nicht weit reisen: Ein paar Straßen neben Nomos residiert Bruno Söhnle und begeistert ab etwa 200 Euro mit hochwertigen Quarz- und Automatikmodellen im zeitgenössischen Stil.
Zu den beliebtesten Editionen der deutschen Uhrenmarke zählen der Chronograph Grandioso, die Rondo mit kleiner Sekunde sowie Damenuhren der Kollektionen Gemelli oder Nabucco. Deutsche Qualitätsarbeit, individuelle Designs – mehr Uhr fürs Geld als bei Bruno Söhnle hat die inländische Produktion nicht zu bieten.