Die Automatikuhr geht nach

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Von Tissot bis Omega: Uhrenbesitzer aller Preisklassen kennen das Problem einer zu langsam oder zu schnell tickenden Automatikuhr. Einige Wochen nicht angepasst, läuft der Zeitanzeiger mehrere Minuten hinter der exakten Digitaluhr. Ihre Uhr geht nach? Welche Gangabweichungen normal sind, welche Gründe für das Nachgehen verantwortlich sind und wie Sie die bestmögliche Präzision Ihrer Automatik- oder Handaufzugsuhr wiederherstellen lassen, verrät Ihnen unser Magazin.

Alle mechanischen Uhren laufen ungenau

“Meine Uhr geht immer nach!” Täglich sind deutsche Uhrmacher und Juweliere mit verzweifelten Besitzern konfrontiert, deren mechanische Instrumente spürbar von der Atomzeit abweichen. Die Intensität des Fehlgangs variiert: Während manche Zeitanzeiger lediglich drei Sekunden täglicher Verzögerung offenbaren, entfernen sich andere mehrere Minuten von der Idealzeit. Erstere Gruppe können wir beruhigen: Fällt die Ungenauigkeit in den Rahmen von minus zehn Sekunden bis plus zehn Sekunden binnen 24 Stunden, kann von einer präzisen Uhr die Rede sein. Winzige Differenzen in der mechanischen Konstruktion und Regulierung sorgen dafür, dass zwei Exemplare des gleichen Uhrenmodells spürbar voneinander abweichen können. Ob man ein Modell erwischt, das zufälligerweise nah an der Null-Sekunden-Abweichung liegt, ist Glückssache. Wer (annährend) perfekte Präzision erwartet, muss eine Quarzuhr kaufen.

Welche Gangabweichungen sind unbedenklich?

Geht Ihre Uhr nach? Die Größe des Fensters, in dem die potenzielle Abweichung liegt, können Uhrenhersteller einerseits durch die Qualität der Komponenten und Konstruktion des Kalibers, andererseits durch die Reglage in verschiedenen Positionen beeinflussen. Schwerkraft, Reibungen und eventuelle Ungleichgewichte zwischen den Uhrwerkskomponenten sorgen dafür, dass die Präzision je nach Lage des Zeitanzeigers variiert. Zur Kompensation dieses Ungleichgewichts schreibt die Schweizer Prüfstelle für Chronometer (COSC) fünf Lagen vor, in denen die Uhrwerke reguliert werden müssen: Zifferblatt oben/unten, Krone oben/unten und Krone links. Am Ende wird die mittlere tägliche Gangabweichung berechnet. Die begehrte Zertifizierung wird in folgenden Fällen vergeben:

• Automatikuhr geht nach: Bis zu minus vier Sekunden täglich sind gestattet.
• Automatikuhr geht vor: Maximal plus sechs Sekunden täglich sind COSC-würdig.

Dieselben Standards gelten für Handaufzugsuhren. Luxusmarken wie Breitling und Chopard nutzen das renommierte COSC-Verfahren ebenso wie erschwinglichere Hersteller von Tissot bis Hamilton, um Kunden einen anerkannten Mindeststandard an Präzision zu garantieren.

Omega geht mit seiner METAS-Zertifizierung noch einen Schritt weiter: In sechs Lagen reguliert, dürfen die Zeitanzeiger maximal fünf Sekunden vorgehen (Automatikuhr geht nach: nicht bestanden!) und müssen starken Magnetfeldern bis 15.000 Gauß trotzen.

Rolex’ hauseigenes “Superlative Chronometer” Zertifikat ist besonders streng: Über plus/minus zwei Sekunden täglich sind nicht zulässig. Sie sehen aber: Keine Mechanik liefert hundertprozentige Präzision.

Automatikuhr geht nach: Ursachen

Die Uhr geht nach – und jetzt? Fällt die Abweichung merklich heftiger im Vergleich zur COSC-Toleranz aus, beispielsweise 30 Sekunden täglich, besteht Handlungsbedarf. Statt persönlich Hand anzulegen und im schlimmsten Fall tausende Euro Schaden zu verursachen, sollten Sie das Modell zum Uhrmacher bringen. Letzterer wird zunächst den Grund des Fehlgangs identifizieren, der unterschiedlicher Natur sein kann:

• Revision erforderlich: Jedes mechanische Uhrwerk benötigt eine regelmäßige Wartung (typischerweise alle fünf bis acht Jahre). In deren Zuge werden primär Öle gewechselt und verschlissene Komponenten ersetzt. Erfolgt diese Arbeit nicht, resultieren massive Ungenauigkeiten bis hin zur Austrocknung und Beschädigung des Kalibers.
• Spirale ist magnetisiert: Smartphones, Musikboxen, Magnetverschlüsse von Handtaschen – mechanische Uhren können durch alltägliche Einflüsse eine Magnetisierung erfahren. In kleinem Ausmaß unbedenklich, doch Extremfälle äußern sich deutlich: Die Automatikuhr geht vor – und zwar mehrere Stunden! Das ist exakt der Grund, warum das METAS-Zertifikat der Magnetresistenz einen solch hohen Stellenwert einräumt.
  
• Heftige Stöße: Erleidet die Spirale einen heftigen Schlag, kann ihr letzter Umgang aus ihrer Position springen. Das Resultat: Die Automatikuhr geht nach. Verstellte Spiralschlüsse und eine verklebte Spirale sind ebenfalls weitverbreitete Ursachen.
• Wasser im Uhrwerk: Taucheruhren benötigen eine regelmäßige Überprüfung ihrer Wasserdichtigkeit. Dringt Flüssigkeit in die Mechanik ein, folgen Schäden.

Uhr geht nach: Lösung des Problems

Nicht nur aus Gründen der technischen Faszination erweist sich der Fehlgang als problematisch, sondern auch im Alltag: Ist die Uhr lahm, resultieren vom Verpassen der Bahn bis zur Verspätung bei wichtigen Terminen unangenehme Konsequenzen. Egal ob Hublot, Breitling oder Chopard – massive Ungenauigkeiten müssen vom Profi behoben werden. Oftmals genügt dem Uhrmacher in simples Nachregulieren des Kalibers, um den Nachgang abzuschwächen. In anderen Fällen ist eine komplette Revision oder Reparatur erforderlich. Je länger man die notwendigen Arbeiten hinauszögert, desto schwerwiegender der Schaden und höher die Kosten. Wer die Intervalle einhält, kommt oftmals mit einer vergleichsweise günstigen Reinigung davon. Auch nagelneue Zeitanzeiger benötigen einen Check: Frisch eingelaufene Uhren sollten nach ein paar Wochen auf ihr Gangverhalten geprüft und gegebenenfalls nachreguliert werden.

Übrigens ist die Quarzuhr von der Wartung nicht völlig ausgeschlossen. Trotz neuer Batterie stellen viele Besitzer verwundert fest: Der Zeitanzeiger geht nach! Häufigster Grund sind gealterte Schmiermittel im Räderwerk, die das Drehen der Zahnräder erschweren, dem Schrittmotor ein höheres Drehmoment abverlangen und seine Anfälligkeit für Fehler erhöhen. Die Digitaluhr ist für dieses Problem nicht anfällig, weil die Schwingungen des Quarzes nicht per Räderwerk an mechanische Zeiger, sondern an eine digitale Zählereinheit weitergegeben werden.

Tipps zur richtigen Pflege von Automatikuhren

Die Automatikuhr geht nach – Ursachen gibt es viele und professionelle Lösungen ebenso. Aber was kann man eigenständig unternehmen, um die Gangabweichung zu reduzieren und den Verschleiß zu begrenzen? Ein wichtiger Faktor ist die nächtliche Lagerung. Die Automatikuhr geht nach? Probieren Sie eine Seitenlage mit nach oben ausgerichteter Krone. Umgekehrt kann eine Position mit der Krone nach unten helfen, eine vorlaufende Uhr zu “bremsen”.

Zudem sollte man übermäßigen Verschleiß durch extrem ruckartige Handbewegungen vermeiden, weil sonst die Spirale überschlagen oder Stellfedern ihren Platz verlassen könnten. Starke Temperaturschwankungen schaden dem Uhrwerk ebenfalls, weshalb viele Enthusiasten auf ein nächtliches Tragen am Handgelenk schwören. Achten Sie bei längerem Nichttragen auf eine schonende Lagerung, reinigen Sie Ihre Hublot, Rolex und Co. behutsam und halten Sie die notwendigen Wartungsintervalle ein. Und egal, wie detailliert die Video-Anleitungen im Internet sind: Als Laie sollte man den Zeitanzeiger niemals eigenständig öffnen, um amateurhafte Regulierungen durchzuführen.