« Was macht der Fachmann? »
Ein Auto besitzt hunderte mechanische Einzelteile, deren Verschleiß mit regelmäßigen Wartungen entgegengewirkt werden muss. Dasselbe Prinzip gilt für Automatik- wie Handaufzugsuhren, die im Rahmen einer Revision von professionellen Uhrmachern instand gehalten werden. Wie oft der Prozess durchgeführt werden sollte, wie lange er dauert, was er kostet und welche Schritte die Wartung im Detail umfasst, erklären wir im folgenden Artikel.
Uhr-Revision: Warum und wie oft?
Regelmäßige Revisionen wirken auf den ersten Blick wie Mehrausgaben, senken auf Dauer aber die Unterhaltskosten einer mechanischen Uhr. Der Grund: Eine Inspektion des Meisterstücks erlaubt die frühe Erkennung sich anbahnender Schäden, weshalb der Austausch einzelner Bauteile rechtzeitig möglich ist, statt eine teure Generalüberholung nach dem Eintritt massiver Defekte durchführen zu müssen. Ein Beispiel: Der Uhrmacher erkennt im Rahmen einer Wartung, dass die Dichtungsringe porös geworden sind und führt einen unkomplizierten Tausch durch. Die Alternative wäre gewesen, dass die Uhr beim nächsten Wassereinsatz versagt und ein schwerer Flüssigkeitsschaden repariert werden muss. Gleichzeitig beinhaltet die Revision einen Ölwechsel, der die Wahrscheinlichkeit für künftige Schäden aufgrund der optimalen Schmierung reduziert.
Wie oft eine Uhr-Revision wichtig ist, hängt vom Gebrauch ab. Täglich genutzte oder im Uhrenbeweger aufbewahrte Zeitanzeiger sollten alle drei bis fünf Jahre zur Untersuchung, während eine gelegentliche Nutzung mit Wartungsintervallen von fünf bis zehn Jahren einhergehen kann. Dass eine baldige Revision nötig ist, erkennt man oftmals an einer sinkenden Präzision des Instruments. Lag der Zeitanzeiger über mehrere Jahre ungenutzt in der Ecke, ist eine Wartung zum Tausch der alten Öle ebenfalls ratsam.
Dauer und Kosten
Die Dauer einer Wartung hängt von der Marke und der Komplexität des Uhrwerks ab. Lässt man die Arbeiten beim Hersteller durchführen (was neben einem offiziellen Konzessionär die sicherste Option ist), sind zwischen vier Wochen und mehreren Monaten einzuplanen. Besonders schnell läuft die durchschnittliche Revision von Rolex Uhren, für die der Genfer Hersteller bei neueren Modellen in der Kölner Servicezentrale 15 Werktage angibt. Eine Omega-Revision geht in drei Wochen vonstatten, während Breitling Uhren für ihre Wartung rund sechs Wochen beanspruchen. Historische Uhren und große Komplikationen können jeweils deutlich längere Zeiträume beanspruchen. So gibt Tag Heuer für die Revision seiner aktuellen Editionen fünf bis sechs Wochen an, während Vintage Modelle problemlos drei bis vier Monate verlangen.
Die Frage der Kosten beantworten die Hersteller separat für Chronographen und Nicht-Chronographen. Die Breitling-Revision zum Beispiel kostet 660 Euro für Modelle mit dem berühmten Manufaktur-Chronographen B01, während simple Automatikmodelle 395 Euro kosten. Omega kalkuliert für Nichtchronographen 550 Euro, wohingegen Chronographen mit 750 Euro zu Buche schlagen. Teurer wird es bei High-End-Marken wie Patek Philippe; eine Nautilus-Wartung verschlingt bis zu 2.000 Euro.
Was macht der Fachmann?
Schritt 1: Visuelle Begutachtung
Im ersten Schritt nimmt der Uhrmacher die äußeren Bauteile des Zeitmessers genauestens unter die Lupe, um etwaige Schäden festzustellen und den Reparaturbedarf einzuschätzen. Ist das Gehäuse verkratzt? Lassen sich alle Funktionen reibungslos betätigen? Auch das Armband, die Zeiger, das Glas und der Boden werden penibel begutachtet. Der Vorteil: Optische Schäden liefern oftmals wertvolle Hinweise auf innere Folgeschäden, welche in den nachfolgenden Prozessen berücksichtigt werden müssen.
Schritt 2: Ausschalen, demontieren und zerlegen
Anschließend erfolgt das Ausschalen, also die Entfernung des Uhrwerks aus dem Gehäuse. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt: Nicht nur vorbereitende Schritte wie die Abnahme des Bodens und die vorsichtige Demontage von Krone wie Drückern, sondern vor allem die Demontage der Zeiger muss extrem sorgfältig geschehen, um Beschädigungen und Kratzer zu vermeiden. Spezielle Aufbewahrungsbehälter stellen sicher, dass die sensiblen Kleinteile bis zum Abschluss der Uhr-Revision sicher untergebracht sind. Ist das Werk freigelegt, wird es in einen Montagehalter überführt, wo eine Überprüfung auf Schäden stattfindet und der nächste große Schritt vorbereitet wird: Die komplette Zerlegung des Kalibers. Eine simple Automatikuhr besteht aus rund 60 Teilen, welche einzeln auseinandergenommen werden. Große Zusatzfunktionen wie Chronographen erhöhen die Teilezahl spürbar, was den Aufwand und die Revisionskosten anhebt.
Schritt 3: Reinigung und Reparatur
Die jetzt freigelegten Komponenten werden einzeln auf Verschleiß und Beschädigungen überprüft. Liegen Mängel vor, werden die betroffenen Teile repariert oder im Bedarfsfall ausgetauscht. Spezielle Verschleißteile wie Dichtungen wechselt der Fachmann auch ohne erkennbare Mängel, um eine neuwertige Qualität und maximale Sicherheit zu erreichen. Im Falle älterer Uhren kann es passieren, dass bestimmte Ersatzteile nicht mehr verfügbar sind und der (talentierte) Uhrmacher eigene Exemplare anfertigen muss. Ein aufwendiger Prozess, der Zeit kostet und je nach Einzelanfertigung sehr kostenintensiv sein kann
Der Großteil aller Bauteile dürfte sich jedoch in einem guten Zustand befinden und erfordert keinen Austausch. Stattdessen werden die makellosen Komponenten professionell gereinigt, indem sie zunächst von Ölrückständen befreit und anschließend in einen neuwertigen Zustand gebracht werden. Hierbei kommen spezielle Reinigungsgeräte und ein Sieb zum Einsatz, in welchen die Bauteile gelegt, mit Reinigungsmitteln behandelt und abschließend getrocknet werden. Sofern gewünscht, werden auch Gehäuse und Armband gründlich gesäubert, wozu Ultraschallgeräte und schonende Seifenlösungen zum Einsatz kommen.
Schritt 4: Zusammenbau und Regulierung
Nachdem alle Werksteile bei der Uhr-Revision ausgetauscht oder in einen neuwertigen Zustand gebracht wurden, muss das Kaliber in der korrekten Reihenfolge wieder zusammengesetzt werden. Gleichzeitig erfolgt eine neue Ölung, welche schwieriger ist, als man denken könnte: Mindestens vier verschiedene Öle kommen in einem typischen Uhrwerk zum Einsatz und müssen exakt an die richtigen Stellen gebracht werden. Noch bevor das Werk ins Gehäuse zurückkehrt, wird es mittels spezieller Messinstrumente auf seine Ganggenauigkeit hin überprüft. Stimmen die Werte, wird das Kaliber inklusive Zifferblatt und Zeigern ins Gehäuse gesetzt, wo es mit dem Ziel einer höchstmöglichen Ganggenauigkeit reguliert wird. Nach der erfolgreichen Regulierung schließt der Fachmann das Gehäuse, gibt die Uhr aber nicht sofort seinem Besitzer zurück.
Schritt 5: Qualitätskontrolle
Mindestens fünf Tage lang wird der Zeitanzeiger in verschiedenen Positionen auf seine Präzision überprüft und mit einer Referenzuhr synchronisiert. Der Uhrmacher will vor der Rückgabe an den Eigentümer sicherstellen, dass alle Funktionen reibungslos erfüllt werden und die Uhr eine vernünftige Ganggenauigkeit an den Tag legt. Etwaige Fehler werden durch das erneute Öffnen des Gehäusebodens und eine mechanische Feinregulierung behoben.