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Egal ob Wartung, Batteriewechsel oder Echtheitsprüfung: Viele Arbeitsschritte am Zeitanzeiger erfordern das fachgerechte Öffnen und Schließen seines Gehäuses. Uhrmacher verwenden dazu professionelles Werkzeug, das an die Art des Gehäusebodens angepasst und für jeden Liebhaber frei erhältlich ist. Wie man einen reibungslosen Eingriff vornimmt und warum hochwertiges Uhrenwerkzeug essenziell ist, verraten wir in diesem Artikel.
Bevor es losgeht: Der Gehäusehalter
Der beste Gehäuseöffner und die längste Erfahrung helfen nicht, wenn die Uhr während des Öffnens abrutscht und ärgerliche Kratzer annimmt. Ein fester Halt des Gehäuses ist also von zentraler Bedeutung. Das gilt insbesondere für verschraubte Böden wie etwa bei Taucheruhren, deren starke Verschraubung einen hohen Kraftaufwand für die erste Drehung erfordert. Zur Sicherstellung einer fixierten Position verwenden Experten sogenannte Gehäuse- oder Werkshalter: In ihrem Aufbau einem Schraubstock ähnelnd, sind sie in diversen Materialien von Aluminium bis Holz erhältlich und bieten selbst unregelmäßigen Gehäuseformen (Stichwort Chronographendrücker) einen sicheren Halt. Gleichzeitig sind sie auf eine feine Justierung und schonende Behandlung des Zeitanzeigers ausgelegt, was sie fundamental von den deutlich gröberen Schraubstöcken unterscheidet. Letztere sollten also niemals als Ersatz für Gehäusehalter verwendet werden, welche in hochwertiger Ausführung für rund 20 bis 40 Euro erhältlich sind.
Uhrgehäuse öffnen: Verschraubter vs. gepresster Boden
Ob dieser Halter erforderlich ist, hängt maßgeblich von der Art des Gehäusebodens ab. So ist der Einsatz beim verschraubten Boden sehr zu empfehlen, während gepresste Böden problemlos ohne Halterung auskommen. Auch in puncto Gehäuseöffner unterscheiden sich diese zwei Varianten fundamental voneinander. Die leichtere Vorgehensweise geht mit dem gepressten Boden bzw. Sprungboden einher, für dessen Öffnung Uhrmacher ein sogenanntes Gehäusemesser verwenden: In eine kleine Einkerbung zwischen Gehäuse und Deckel angesetzt, lässt es die Abdeckung mittels einer Hebelbewegung aufspringen. Ein unkomplizierter Prozess, dessen Erfolg von der Qualität des Gehäusemessers abhängt: Bestellt man eine billige Variante für zwei Euro, kann der dort verwendete, weiche Stahl zu Verbiegungen bei der ersten Benutzung und – noch viel schlimmer – einer hässlichen Macke auf der Uhr führen.
Etwas komplizierter, aber ebenfalls machbar gestaltet sich der Prozess beim verschraubten Boden. Hier ist ein klassischer Gehäuseöffner erforderlich: Ausgestattet mit verschiedenen Einsätzen für die jeweiligen Einkerbungen des Bodens (gängig sind z.B. runde, sechseckige oder dreieckige Einkerbungen), verfügt er über drei verstellbare “Backen” zur Anpassung an die Gehäusegröße. Sind die passenden Einsätze gefunden, helfen ein drehbarer Griff und ein separates Einstellrad bei der Adjustierung der Abstände. Danach fest einsetzen, einmal nach links drehen und der Boden öffnet sich. Wer sein Uhrgehäuse selbst öffnen will, sollte hier – noch stärker als beim Gehäusemesser – auf eine anständige Qualität achten. Billige Gehäuseöffner gibt es wie Sand am Meer, ihre schlechte Verarbeitung verhindert jedoch meist einen festen Sitz der Backen und macht Beschädigungen deutlich wahrscheinlicher.
Gehäuseschließer für gepresste Böden
Der große Vorteil beim verschraubten Boden: Zur Schließung ist kein separater Gehäuseschließer erforderlich, sondern nur eine Umkehrung des Öffnungsprozesses in die entgegengesetzte Richtung. Die gepresste Variante hingegen benötigt genau diesen Gehäuseschließer, um den Sprungdeckel wieder fest zu montieren. Unter den Bezeichnungen Bodenhebelpresse oder Einpresszwinge bekannt, beruht dieses Instrument auf der Hebelwirkung und klemmt den Zeitanzeiger zwischen zwei Druckplatten ein. Im Normalfall genügt somit ein geringer Kraftaufwand zur einwandfreien Montierung des Deckels. Bei hochgradig wasserdichten Taucheruhren hingegen reichen gewöhnliche Gehäuseschließer oftmals nicht aus, weshalb hier massive Hebelpressen zum Einsatz kommen. Entscheidend ist in jedem Fall die Verwendung der mitgelieferten Kunststoffaufsätze in Gehäusegröße, um ein Abrutschen und mögliche Beschädigungen zu verhindern.
Im Zweifel lohnt der Gang zum Profi
Wer ohne vorherige Erfahrung ein Uhrgehäuse schließen oder öffnen möchte, garantiert mit hochwertigem Uhrenwerkzeug noch keinen Erfolg. Selbst einfach klingende Arbeitsschritte bergen ihre Tücken, wie das Schließen eines verschraubten Gehäuses verdeutlicht: Setzt man den Deckel nicht exakt gerade wieder auf und dreht ihn mithilfe des klassischen Gehäuseöffners nach rechts, riskiert man ein Verkanten des Feingewindes. Hinzu kommt das häufig vergessene, aber bedeutende Thema Dichtungen: Wasserdichte Uhren verfügen in der Regel über Dichtungsringe (sog. O-Ringe), die einem natürlichen Alterungsprozess unterliegen und während des Öffnens besonders beansprucht werden. Selbst beim scheinbar perfekten Wiederaufsetzen des Deckels kann es somit passieren, dass die Wasserdichtigkeit deutlich niedriger ist als vor dem Eingriff. Wer sein Uhrgehäuse wieder schließen will, sollte also dringend über den Tausch der Dichtungsringe nachdenken und dabei die richtigen Werte für Durchmesser und Breite berücksichtigen.
Ein Uhrgehäuse zu öffnen und zu schließen ist also keineswegs ein Kinderspiel. Obwohl die dauerhaften Kostenersparnisse verlockend erscheinen, ist der selbstständige Eingriff immer mit einem höheren Risiko verbunden als der Gang zum Uhrmacher. Je teurer der Zeitanzeiger, desto höher die potenziellen materiellen Schäden – vom ideellen Wert einmal ganz abgesehen. Deshalb empfehlen wir jedem Laien und motivierten Uhrensammler, seine Arbeiten im Zweifel vom kompetenten Experten erledigen zu lassen. Spätestens wenn der Gehäuseöffner seinen Dienst verrichtet hat und die Wartung eines mechanischen Uhrwerks ansteht, ist ohnehin wahres Fachwissen gefragt. Und wer sich eine Omega, Hublot oder Breitling gönnt, sollte seinem Schmuckstück auch die passende Pflege zu Teil werden lassen.
Fazit: Präzision und Qualität entscheiden
Gehäuseschließer und -öffner ermöglichen die schnelle Entfernung verschraubter wie gepresster Böden, sollten jedoch unbedingt von guter Qualität sein und fachgerecht bedient werden. Wer sich sicher fühlt und einen simplen Eingriff wie etwa einen Batteriewechsel durchführen möchte, kann sich die Kosten des Uhrmachers sparen und eigenes Werkzeug anschaffen. Herrscht jedoch Unsicherheit, so raten wir dringend vom Experiment der Eigenarbeit ab. Wer ein Uhrengehäuse öffnet und es nicht beschädigen möchte, sollte sich absolut sicher sein.