Chronographen sind heute vor allem bei Herrenuhren sehr beliebt. Die entscheidenden technischen Grundlagen für diese Art von Uhren wurden jedoch bereits vor mehr als anderthalb Jahrhunderten entwickelt. So bietet jedes Modell seinem Träger nicht nur eine zusätzliche Stoppfunktion, sondern verkörpert zugleich auch ein interessantes Stück Uhrengeschichte.
Ein Kind mit vielen Vätern
Interessant ist es allein schon deshalb, weil letztlich umstritten ist, wer den Chronographen eigentlich erfunden hat. Wer sich intensiver mit diesem Teil der Uhrengeschichte beschäftigt, stellt schnell fest, dass es sich dabei letztlich wohl um ein Kind mit vielen Vätern handelt. Denn es waren zahlreiche technische Neuerungen notwendig, bis Uhrmacher in der Lage waren, einen “echten” Chronographen zu bauen. Dieser unterscheidet sich von anderen Uhren durch die Stoppfunktion, ist aber keine reine Stoppuhr, denn das Uhrwerk wird beim Stoppvorgang nicht angehalten. So ist es möglich, bestimmte Zeiten zu messen, während die Anzeige der aktuellen Uhrzeit unverändert weiterläuft.
Die Fähigkeit, bestimmte Zeiten aufzuzeichnen, hat dem Zeitmesser deshalb auch seinen Namen gegeben. Denn dieser setzt sich aus den griechischen Wörtern chronos und grapho zusammen, was „Zeit“ beziehungsweise “ich schreibe” bedeutet. Als Erfinder wird oftmals Adolphe Nicole bezeichnet, der im Jahr 1844 das sogenannte Nullstellherz entwickelte und diese Erfindung zum Patent anmeldete. Allerdings hatte der Engländer George Graham bereits 1720 eigentlich eine technische Lösung gefunden, die das Abschätzen von Zeiten mit einer Genauigkeit von etwa einer Sechzehntelsekunde erlaubte. Er kann deshalb mit Fug und Recht ebenfalls zu den Erfindern des Chronographen gezählt werden.
Die erste Taschenuhr mit einer Chronographenfunktion wurde unterdessen 1862 von dem Franzosen Henri Féréol Piguet der Öffentlichkeit präsentiert. Zwar hatte es schon rund 60 Jahre früher erste Taschenuhren gegeben, bei denen sich der Sekundenzeiger stoppen ließ, bei diesen Modellen hatte der Stoppvorgang jedoch noch zum Anhalten des gesamten Uhrwerks geführt. Wollte man mit einer solchen Uhr Zwischenzeiten stoppen, erforderte dies jeweils das Hinzuaddieren der angehaltenen Zeit.
“Falsche” und “echte” Chronographen
Heute wird jedoch auch Piguets Taschenuhr mit stoppbarem Sekundenzeiger als “falscher Chronograph” bezeichnet. Das Verdienst, den ersten “echten” Chronographen geschaffen zu haben, gebührt indes dem Pariser Uhrmacher Nicolas-Mathieu Rieussec, wenngleich seine Konstruktion mit heutigen Armbandchronographen zunächst relativ wenig gemein hatte.
Vielmehr handelte es sich bei seinem Modell um eine Uhr, die in der Lage war, gemessene Zeiten tatsächlich “aufzuschreiben”. Zu diesem Zweck hatte er auf dem Zifferblatt einen kleinen Schreiber installiert, der während der Drehung der Zeiger mittels kleiner und großer Striche die gemessenen Zeiten aufzeichnete. 1822 meldete Rieussec seine Erfindung zum Patent an.
Ein weiterer wichtiger Entwicklungsschritt folgte 1831, als Joseph Thaddäus Winnerl eine Uhr entwickelte, deren Sekundenzeiger sich separat anhalten ließ. Winnerl, ein aus Österreich stammender Mitarbeiter der Manufaktur Breguet, erfand zudem auch eine Chronographenvariante, bei der sich zwei übereinander liegende Sekundenzeiger nacheinander stoppen ließen, sodass die gemessene Zeitspanne als Differenz ermittelt werden konnte. Technisch erfordert dies den Einbau von zwei separaten, aber miteinander gekoppelten Stoppmechanismen. Ein solcher Doppelzeigermechanismus ist auch heute noch in verschiedenen hochwertigen mechanischen Uhren anzutreffen und wird als Rattrapante, Schleppzeiger oder nachspringende Sekunde bezeichnet.
Dieser Blick in die Uhrengeschichte zeigt: Bis zu den heutigen Quarz- und Automatik-Modellen war es ein langer Weg, und es gibt eine Reihe von Erfindungen, die diese Entwicklung möglich gemacht haben.
Zeitmesser für das Handgelenk
Nachdem mit dem Nullstellherz eine Möglichkeit gefunden worden war, den Sekundenzeiger auf Knopfdruck wieder in die Nullstellung zurückkehren zu lassen, wiesen die Chronographen bereits ein wesentliches funktionales Merkmal auf, das bis heute typisch für sie ist. 1868 ging Auguste Baud dazu über, den noch heute üblichen Zusatzmechanismus für einen Stoppzeiger als Kadratur auf der Uhrwerkseite zu bauen.
Einige Jahrzehnte später erhielten die am Arm getragenen Uhren schließlich infolge einer Entwicklung bei Breitling das charakteristische Aussehen, das noch heute die meisten von ihnen aufweisen: eine Armbanduhr mit zwei separaten Drückern. Dabei dient der eine Drücker jeweils zum Starten beziehungsweise zum Stoppen, während der andere verwendet wird, um den Stoppzeiger wieder auf Null zu stellen.
Moderne Weiterentwicklungen mit Automatik- oder Quarz-Werk
Ein moderner mechanischer Armband-Chronograph ist in der Regel ein Automatik-Modell, darüber hinaus gibt es auch zahlreiche Quarzuhren mit Chronographenfunktion. Zunächst hatte man – parallel zur Entwicklung bei Uhren ohne Stoppmechanismus – nach Möglichkeiten gesucht, auch Chronographen mit einem automatischen Aufzug auszustatten. Bereits 1946 hatte Albert Piguet zusammen mit Lémania einen entsprechenden Prototypen entwickelt. Bis der erste Automatik Chronograph die Serienreife erlangte, sollten allerdings noch mehr als zwanzig Jahre vergehen.
Im Jahr 1969 lieferten sich drei Hersteller ein knappes Wettrennen um die erste Präsentation eines in Serie gefertigten Automatik-Modells. Dabei konnte sich schließlich Zenith mit seinem Werk “El Primero” knapp gegen Seiko mit dem Kaliber 6138/39 sowie gegen eine Kooperation von Heuer, Breitling, Dubois-Dépraz und Büren durchsetzen. Mit dem Aufkommen von Quarzuhren in den siebziger Jahren, drohten die Automatik-Zeitmesser jedoch beinahe wieder verdrängt zu werden. Ein Quarz-Modell ist schließlich nicht nur deutlich billiger in der Herstellung, sondern bietet zudem auch eine wesentlich umfangreichere Funktionalität als eine Automatik. Im Zuge der allgemeinen Renaissance hochwertiger mechanischer Uhren erfreuen sich jedoch auch Automatik-Chronographen seit Mitte der 1980er Jahre wieder großer Beliebtheit und werden von Liebhabern hochwertiger Uhren weitaus höher geschätzt als Quarzuhren mit Stoppfunktion.
So ist es nicht erstaunlich, dass nahezu alle bedeutenden Uhrenmanufakturen regelmäßig neue Kollektionen dazu auf den Markt bringen. Oft handelt es sich dabei um Armbanduhren mit einem betont sportlichen Design, aber es gibt durchaus auch zahlreiche Masterpieces, die vom Stil her einer klassischen Dresswatch entsprechen.
Einige aktuelle Uhren mit Stoppfunktion im Überblick
Ein typisches Beispiel für einen modernen, sportlichen Automatik-Chronographen ist etwa die Breitling Avenger Bandit mit einem robusten Titangehäuse, luftfahrttypischen Schablonenziffern sowie einem Armband aus Military-Hightech-Textil und Kautschuk.
Wer einen hochwertigen Quarz-Chronographen sucht, wird sich möglicherweise für die Tag Heuer Formula 1 Quarz oder den Tag Heuer Aquaracer 300M Quarz entscheiden.
Und wenn es eine besonders luxuriöse Ausführung sein darf, dann ist die Rolex Cosmograph Daytona in einer der neuen Gold-Versionen sicherlich eine aussichtsreiche Favoritin.