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Allen Vorzügen automatischer Zeitanzeiger zum Trotz erfreut sich der klassische Handaufzug einer ungebrochenen Beliebtheit. Sein Verlangen nach manueller Kraftzufuhr erzeugt eine intensive Verbindung zwischen Mensch und Mechanik, die Traditionalisten und moderne Uhrenliebhaber gleichermaßen fasziniert. Welche Modelle 2021 einen besonderen Blick wert sind, verrät Ihnen unsere Top 5 der Herrenuhren mit Handaufzug.
Die Transparente: Tissot T-Classic Chemin des Tourelles Squelette
Ginge es um pure Rationalität, hätten mechanische Uhren gegen ihre präziseren und pflegeleichteren Alternativen mit Quarzantrieb keine Chance. Emotionen sind es, die den Handaufzug zum Objekt der Begierde machen. Die Tissot T-Classic Chemin des Tourelles Squelette (Ref. T099.405.36.418.00) versteht es, mit diesen Gefühlen zu spielen und ihrem Besitzer weitreichende Blicke ins Innere zu gewähren. Dort erwartet das neugierige Auge ein großes, fast die gesamten 42 Millimeter Durchmesser einnehmendes ETA 6497, dessen großzügige Perlschliffe eine spürbare Aufwertung gegenüber den Standardkalibern des Großproduzenten darstellen. Beidseitig einsehbar, gefällt der Antrieb mit goldfarbenen Rädern und lässt bei fünf Uhr sogar ins Federhaus blicken. 46 Stunden Gangreserve werden dort maximal erreicht.
Auch weitere Details wie das gewölbte, beidseitig entspiegelte Saphirglas offenbaren die hohe Stellung der Tourelles Squelette innerhalb des Tissot-Universums. Die roségoldfarbene PVD-Beschichtung verleiht den Herrenuhren mit Handaufzug ihre standesgemäße Portion Traditionalismus, zu dem auch das klassische braune Lederband und die römischen Ziffern beitragen. Sie treffen auf schwarze Zeiger und eine kleine Sekunde, deren Lesbarkeit eher Nebensache ist. Wer mechanische Einblicke auf voller Breite genießen möchte, muss 1.910 Euro zurücklegen. Die Chemin des Tourelles gibt es derweil mit geschlossenem Zifferblatt nur als Automatikuhr.
Die Autobegeisterte: Junghans Meister Driver Handaufzug
Zurückhaltender steigt die deutsche Konkurrenz mit der 37,7 Millimeter kompakten Junghans Meister Driver Handaufzug (Ref. 27/3607.00) ins Rennen. Die Schwarzwälder wissen, dass die Liebe zur horologischen Mechanik meist nicht weit von der automobilen Begeisterung entfernt ist und spendieren den Herrenuhren ein Vintage-Design, das an die frühen Jahre des Kraftfahrzeugs erinnern soll. Mit Erfolg: Wer die Symbiose aus Faux-Patina und Retro-Typographie, die Verbindung von Eisenbahnminuterie und kleiner Sekunde betrachtet, kann sich die Meister Driver exzellent in einem Café des Jahres 1890 vorstellen. An der Kette eines Beobachters, der mit offenem Mund auf die ersten pferdelosen “Hexenkarren” starrt.
2021 wird die Meister natürlich am Handgelenk getragen, wo das 7,3 Millimeter flache und harmonisch geformte Edelstahlgehäuse eine filigrane Präsenz besitzt. Während die Frontseite der Handaufzug von traditionellem Hartplexiglas (wahlweise gegen Saphirglas umtauschbar) geprägt ist, wartet der Boden mit einem Sichtfenster auf. Er lässt ins Kaliber J815.1 (Basis: ETA 7001) blicken, das bis zu 42 Stunden selbstständig arbeitet. Möchte man das automobile Vergnügen und die erstklassige Lesbarkeit der Driver selbst erleben, werden 1.170 Euro fällig. Alternativen gibt es in der Kollektion Junghans Meister Handaufzug.
Die Copilotin: Breitling AVI 1953 Edition
Dass historische Verbindungen bei Herrenuhren mit Handaufzug eine besondere Rolle spielen, beweist die Breitling AVI 1953 Edition (Ref. AB0920131B1X1) eindrucksvoll. An die legendäre Co-Pilot Ref. 765 AVI aus 1953 angelehnt, die zusammen mit der damaligen Navitimer an der Spitze der Schweizer Pilotenuhren stand, imitiert der Newcomer sein Vorbild bis ins letzte Detail. Nicht nur die vollständige Schwärze des Zifferblatts, sondern auch die Ziffern, Totalisatoren und Leuchtbeschichtungen sehen dem Original zum Verwechseln ähnlich. Unser Lieblingsmerkmal: Die dreiminütigen Intervalle des 15-Minuten-Zählers. Auch die 41 Millimeter Durchmesser des Edelstahlgehäuses, die drei Schrauben der Lünette und das Hesalitglas wurden eins zu eins übernommen. Lediglich der Wegfall des “Geneve”-Schriftzugs im Zifferblatt entlarvt die AVI 1953 als Produkt der Moderne.
Technisch macht sich das 21. Jahrhundert in zwei Details bemerkbar: Erstens wurde die Wasserdichtigkeit auf (immer noch grenzwertige) 30 Meter erhöht, zweitens arbeitet im Innern das Manufakturwerk B09. Bei diesem handelt es sich um ein Derivat des B01 mit Handaufzug und gewohnten 70 Stunden Gangreserve, versteckt unter einem soliden Edelstahlboden. 1.953 Exemplare der Fliegeruhr werden gebaut und wandern jeweils für 7.800 Euro in die Kollektionen interessierter Liebhaber.
Die Soldatin: Hamilton Khaki Field Mechanical
Deutlich günstiger sind Hamiltons Herrenuhren mit Handaufzug, unter denen die Khaki Field Mechanical eine wahre Ikone darstellt. Für humane 470 Euro (Ref. H69439931) hat die mustergültige Soldatenuhr eine Menge zu bieten: Kratzfestes Saphirglas, 80 Stunden Gangreserve und 50 Meter Wasserdichtigkeit machen die Khaki zum perfekten Allrounder. Hinzu kommt eine großartige Ablesbarkeit der arabischen Ziffern, unterstützt durch helle Leuchtmasse und eine charakteristische 24-Stunden-Skala.
Militärisch zeigt sich auch das 38 Millimeter schlanke Edelstahlgehäuse, das allen Handgelenksgrößen (außer vielleicht den Riesigen) gerecht wird und dank seiner satinierten Oberfläche widerstandsfähiger ist als polierte Varianten. Unter dem Stahlboden der Hamilton Khaki Field Mechanical tickt das vertraute H-50, welches auf dem ETA 2801-2 basiert und nach vollem Aufzug problemlos ein Wochenende lang weiterläuft.
Die Dezente: Omega De Ville Tresor
Ebenfalls im Swatch-Konzern, aber zwei Ligen über den funktionalen Khaki Herrenuhren begrüßt uns die Omega De Ville Tresor (Ref. 435.13.40.21.02.001). Im Kontrast zu den flächendeckend beliebten Seamaster und Speedmaster Uhren markiert sie ein Nischenprodukt für Connaisseurs: Nur, wer das wahre Gesicht hinter dem schlichten Edelstahlgehäuse kennt, weiß es zu schätzen. So arbeitet im Innern der 40-Millimeter-Hülle das Master Co-Axial Kaliber 8910, dessen Handaufzug auf 72 Stunden Gangreserve, 15.000 Gauß Magnetfeldschutz und eine Siliziumspirale trifft. Als Verzierung kommen die markentypischen Genfer-Streifen-Arabesken zum Einsatz, die aufgrund des entfallenden Rotors purer zum Ausdruck kommen als bei jeder Automatikuhr der Bieler Luxusmarke.
Auf der Frontseite der Omega De Ville Tresor herrscht Understatement in Reinkultur. Vornehm und elegant wirkt das gewölbte, opalisierend-silberne Zifferblatt, welches neben drei hauchdünnen Zeigern lediglich eine Datumsanzeige bei sechs Uhr vorzuweisen hat. Nur genauere Blicke oder geschulte Augen erkennen, dass Zeiger und Indizes aus 18-karätigem Weißgold bestehen. Ein kultivierter Charakter, der symbolisch für die Gattung der Herrenuhren mit Handaufzug steht: An traditionellen Maßstäben orientiert, führen sie eine jahrhundertealte mechanische Faszination und die Errungenschaften der Moderne stilvoll zusammen. Im Falle der Omega De Ville Tresor kostet diese Symbiose 6.300 Euro.