« Der Richemont CEO im Portrait »
Charismatisch, kompetent und visionär: Jérôme Lambert zählt zu den einflussreichsten Persönlichkeiten der Uhrenbranche und erfüllt seit 2018 die größte Verantwortung seiner bisherigen Karriere. Vormals Chef von Jaeger-LeCoultre und Montblanc, besetzt der gebürtige Franzose nun die zweithöchste Position bei Richemont und ist damit der Herr über 13 Uhrenmarken. Seine vergangenen Erfolge als Markenboss spiegeln sich in der Performance an der Spitze des gesamten Luxusgüterkonzerns wider und lassen auf eine erfolgreiche Zukunft hoffen.
Der Mann, der Jaeger-LeCoultre groß machte
1969 als Sohn eines Schafzüchters nahe der ostfranzösischen Großstadt Besançon geboren, startete Lambert seine Laufbahn im Richemont-Imperium 1996 als Controller bei Jaeger-LeCoultre. Später zum Finanzchef und CEO der Schweizer Uhrenmarke aufgestiegen, positionierte er den Hersteller als Vorreiter komplexer Uhrenmechanik und bewies damit das gewaltige Potenzial der Traditionsmanufaktur. Vormals nur als Geheimtipp unter Spezialisten bekannt, ist der Name Jaeger-LeCoultre heute in aller Munde und steht für jene Höchstleistungen, die Jérôme Lambert tagtäglich in seinem eigenen Berufsalltag umsetzt. Seine energische und motivierte Art lässt ihn beinahe niemals ruhen, seine Prinzipien definiert er klar: Qualitätsbewusstsein und Kreativität, aber auch Bodenständigkeit und Vielseitigkeit definieren Lamberts Charakter.
Wenn er ein Projekt beginnt, dann erledigt er es nicht, sondern lebt es. Das bewies er auch, als er parallel zur Führung bei Jaeger-LeCoultre im Jahr 2009 die Aufsicht über die sächsische High-End-Schmiede A. Lange & Söhne übernahm. Vormals noch renovierungsbedürftig, fand die Luxusmarke unter Lambert einen neuen Kurs mit größerer Modellvielfalt und spannenden Exoten wie etwa der Zeitwerk-Kollektion.
Umdenken bei Montblanc
Auch nach seiner Ära bei Jaeger-LeCoultre blieb Lambert dem Richemont-Konzern treu; 2013 nahm er den Chefsessel bei Montblanc in Hamburg ein und stellte sein Führungstalent erneut unter Beweis. Dabei drehte der charismatische Spitzenreiter an zwei Stellschrauben: Einerseits modernisierte er das Produktportfolio des Herstellers mit digitalen Schreibgeräten und Smartwatches, andererseits etablierte er eine spannende Familie mechanischer Zeitanzeiger unterhalb der 10.000-Euro-Grenze. Jérôme Lambert realisierte, dass die Uhrenbranche bis dato von gewaltigen Preissprüngen gezeichnet wurde und stellte ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis in den Vordergrund der deutschen Marke. Der Plan ging auf: Chronographen, Dresswatches und sogar ewige Kalender im vierstelligen Bereich trieben die Verkaufszahlen Montblancs in die Höhe. Eine wichtige Bewährungsprobe für Lambert, dessen Weg in die höchsten Positionen bei Richemont nun bereitet war.
Sprung in die Schweizer Konzernzentrale
Richemont-Präsident und Großaktionär Johann Rupert persönlich war es, der ihn am 1. April 2017 in den Genfer Hauptsitz bestellte und mit einem deutlichen Karrieresprung belohnte: Von nun an trug Jérôme Lambert die Verantwortung für operative zentrale und regionale Dienste. Eine Position, die internationale Vertriebsplattformen ebenso inkludiert wie die Aufsicht über alle Nicht-Uhrenmarken des Konzerns. Fast gleichzeitig – ebenfalls im April 2017 – wurde Georges Kern von Rupert zum Leiter der Uhrensparte Richemonts ernannt. Doch es sollte gerade einmal drei Monate dauern, bis Kern seinen hochrangigen Posten völlig überraschend verließ und an die Spitze von Breitling wechselte, dessen CEO er bis heute ist. Ein Umstand, der Lamberts Machtbereich signifikant erweiterte: Nach Kerns Abgang wurde er zusätzlich mit der Vergrößerung der Uhrensparte betraut und damit faktisch zum mächtigsten Mann bei Richemont – nach Rupert natürlich. Formal wurde die Beförderung am 18. September 2018 besiegelt, als Jérôme Lambert zum CEO der riesigen Markengruppe wird und die Krönung seiner (bisherigen) Karriere erfährt.
Gute Zahlen, große Herausforderungen
Als CEO des Luxusgüterkonzerns regiert Lambert über insgesamt 20 Marken, von denen 13 entweder schwerpunktmäßig oder im Nebengeschäft (wie etwa Montblanc) Zeitanzeiger produzieren. Von IWC bis Piaget, von Panerai über Vacheron Constantin bis Baume & Mercier – das Imperium des tatkräftigen Franzosen mit Schweizer Pass ist riesig. Damit steht außer Frage, dass Jérôme Lambert heutzutage einer der wichtigsten Funktionäre der Uhrenbranche ist. Und auch seine anfänglichen Erfolge in dieser Position können sich sehen lassen: Trotz internationalen Schwierigkeiten wie etwa der Unruhen in Hongkong stiegen die Richemont-Umsätze von April bis September 2019 um neun Prozent auf 7,4 Milliarden Euro – ein Erfolg, der ohne das immer wichtiger werdende Online-Geschäft wohl unmöglich gewesen wäre. Große Investitionen in Plattformen wie Watchfinder oder Feng Mao (ein Joint-Venture mit Alibaba) sind die richtige Konsequenz, die Lambert aus dieser Entwicklung gezogen hat.
Trotz aller Erfolge bleibt auch der talentierte Konzernleiter nicht von aktuellen Herausforderungen verschont. Nicht nur die desaströsen Wirkungen der COVID-19-Krise auf das globale Geschäft mit Luxusprodukten, sondern auch die Konkurrenz des Erzrivalen LVMH erfordert eine vorausschauende und stabile Führung Richemonts. Erst vor wenigen Monaten stimmten die Aktionäre des Juweliers Tiffany einer Übernahme durch LVMH zu, was die Machtverhältnisse im Schmuckbereich deutlich zugunsten der Pariser Markengruppe verschiebt. Verhältnismäßig scheint es fast irrelevant, dass Lambert erst kurz davor die Übernahme des italienischen Juweliers Buccellati bekanntgab.
Mit Fleiß und Entschlossenheit in eine erfolgreiche Zukunft
So groß der Gegenwind auch sein mag: Wer Jérôme Lamberts Erfolge der vergangenen 25 Jahre betrachtet, wird wohl kaum daran zweifeln, dass der mutige Leistungsträger auch die Herausforderungen der aktuellen Zeit souverän bewältigen kann. Scheitern ist für ihn ein Fremdwort. Denn nicht nur seine Fachkompetenz, sondern auch sein unerschütterlicher innerer Antrieb machen ihn zum geborenen CEO. Wir sind gespannt, welche Wege Lamberts Karriere zukünftig noch einschlagen wird – immerhin ist er gerade einmal 50 Jahre alt.