Die Luenette einer Uhr
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Die Lünette einer Uhr

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Von wertvollen Zeitmessungen beim Tauchen bis zum Ablesen zusätzlicher Zeitzonen auf Reisen und der Erfassung durchschnittlicher Geschwindigkeiten im Rennwagen: Die Funktionsvielfalt der Lünette ist grenzenlos. In diversen Bauweisen und Materialien erhältlich, zählt sie aus praktischer wie ästhetischer Sicht zu den bedeutenden Komponenten vieler moderner Uhren. Wir erklären die verschiedenen Funktionen, Werkstoffe und Designs jenes Rings, der ursprünglich nur zur Fixierung des Glases erschaffen wurde.

Was ist die Lünette einer Uhr?

Zunächst bezeichnet der Begriff nichts weiter als die Umrandung des Zifferblatts. Lünetten müssen weder drehbar noch aufwendig gestaltet sein, um diese Bezeichnung tragen zu dürfen. Sie können extradick wie die Rolex Lünette der Sea-Dweller oder hauchdünn wie der Ring einer Junghans Max Bill sein. Die zentrale Funktion stellt in jedem Fall das Festhalten des Uhrenglases dar, welches Zifferblatt und Zeiger vor äußeren Einwirkungen schützt.

Rolex Sea-Dweller mit der Referenznummer 126603 Junghans Max Bill Chronoscope Bauhaus in der Version 27/4303.02

Seinen Namen leitet das Bauteil vom französischen “lunette” (“kleiner Mond”) ab, weil es das Zifferblatt so umrandet, wie der Mond die Erde umkreist. Abgesehen von der simplen Fixlünette ohne Beschriftungen, wie sie zum Beispiel in der Rolex Datejust vorzufinden ist, haben sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts vier maßgebliche Sondertypen des Rings etabliert, die wir in den nachfolgenden Abschnitten erläutern möchten.
Rolex Datejust 41 Referenz 126300 mit Jubilé-Band und blauem Zifferblatt mit Riffelmuster

1.) Einseitig (“unidirektional”) drehbare Taucherlünetten

Von der Omega Lünette einer Seamaster bis zum ikonischen Drehring einer Rolex Submariner: Die Taucherlünette ist der funktionale Klassiker für alle Einsätze im Ozean. Warum sie nur in eine Richtung drehbar sein darf, erklärt ihre Gebrauchsweise: Typischerweise mit einer 60-Minuten-Skala ausgestattet, wird sie zu Beginn des Tauchgangs so gedreht, dass der Pfeil mit der aktuellen Position des Minutenzeigers übereinstimmt. Liegt eine aufsteigende Minutenskala (“Count-up”) vor, kann der Taucher nun jederzeit die vergangene Dauer seit dem Abtauchen sehen.

Omega Seamaster Diver 300M Co-Axial Master Chronometer Chronograph 44 mm Luenette

Ein versehentliches Vordrehen, wie es im Falle beidseitig drehbarer Lünetten möglich ist, wäre fatal, weil es dem Träger eine längere Ausdauer seiner Druckluftflasche vortäuschen würde. Das gilt auch für die absteigende Count-Down-Skala, bei der man den aktuellen Minutenzeiger mit der maximalen Tauchdauer (z. B. 20 Minuten) synchronisieren muss. Erreicht der Minutenskala den Pfeil, wird es höchste Zeit zum Auftauchen. Die meisten Taucherlünetten können auf 60 Positionen einrasten; einige Varianten setzen auf 120 Klicks.

2.) Fixe Chronographen-Lünetten mit Tachymeterskala

In Chronographen wie der berühmten Omega Speedmaster Moonwatch zählt die Tachymeterskala zu den wichtigsten Stilelementen. Sie benötigt keine drehbare Lünette, sondern sitzt auf einem festen Ring und dient der Erfassung von Durchschnittsgeschwindigkeiten. Das Prinzip ist simpel: Man startet die Stoppuhr, fährt eine festgelegte Strecke und liest jene Zahl ab, auf welcher der Sekundenzeiger angehalten wird. Nach 20 Sekunden steht er beispielsweise auf der “180”.

Omega Speedmaster Moonwatch Dark Side of the Moon in der Version 311-92-44-51-01-007 Luenette

Wäre der Rennfahrer exakt einen Kilometer gefahren und hätte diesen in 20 Sekunden bewältigt, läge das Durchschnittstempo bei 180 km/h. Das Ganze funktioniert nicht nur in Kilometern pro Stunde, sondern in jeder anderen Einheit, bei welcher der zeitliche Abstand zwischen zwei Einheiten erfasst wird.

3.) Beidseitig (“bidirektional”) drehbare GMT-Lünetten mit 24-Stunden-Skala

Besitzt die Uhr einen zweiten Stundenzeiger zur Darstellung einer weiteren Zeitzone (GMT-Komplikation), verfügt sie oftmals über eine bidirektionale Drehlünette mit 24-Stunden-Skala. Weil der GMT-Zeiger nur eine Drehung in 24 Stunden vollzieht, zeigt letztere die genaue Tag- oder Nachtzeit in der gewünschten Zeitzone an – sofern sich die Drehlünette in ihrer Standardposition mit der “24” in der oberen Mitte befindet.

Dreht man die Lünette im Uhrzeigersinn (negative Zeitverschiebung) oder gegen den Uhrzeigersinn (positive Zeitverschiebung), lässt sich relativ zur Referenzzeit sogar eine dritte Zeitzone darstellen. Um die Tag- und Nachtzeiten auseinanderzuhalten, entwarf Rolex für die GMT-Master II die wohl berühmtesten Lünettendesigns aller Zeiten: die rot-blaue Pepsi Lünette und die schwarz-blaue Batman Lünette.

Rolex GMT-Master II "Pepsi" mit der Herstellernummer 126710BLRO Rolex GMT-Master II "Batman" mit der Herstellernummer 126710BLNR

Beide Farbmuster wurden vielfach von anderen Herstellern übernommen und bescheren den Originalmodellen einen extremen Sammlerwert, der sich in Marktpreisen deutlich über dem UVP niederschlägt.

4.) Rechenschieber-Lünetten

Die prominenteste Breitling Lünette wurde 1952 in der Navitimer lanciert und revolutionierte die nicht-digitale Welt der Luftfahrt. Erstmals konnten Piloten mit ein- und demselben Instrument ihre Steig- und Sinkflugraten, die zurückgelegte Strecke, den bisherigen Treibstoffverbrauch sowie zahlreiche weitere Rechnungen durchführen, die im Ernstfall überlebenswichtig waren. Den Rechenschieber an dieser Stelle näher zu erläutern, würde den Rahmen sprengen.

Fakt ist, dass die komplex wirkende Zusammenstellung von Skalen wie kein anderes Element für die unverwechselbare Ästhetik der Navitimer verantwortlich ist. Für Träger eines Rechenschiebers lohnt sich das Erlernen von dessen Funktionsweise, um alltägliche Operationen wie Dreisatz, Währungsumrechnungen und Multiplikationen im Nu durchzuführen.

Die wichtigsten Fragen zur Lünette kurz und direkt:

Die Möglichkeit, die Lünette zu drehen, erlaubt dem Träger der Uhr, spezielle Funktionen schnell und einfach zu nutzen, beispielsweise die Überwachung der Tauchzeit beim Tauchen oder die schnelle Umrechnung von Währungen oder Maßeinheiten.

Hamilton Khaki Navy Scuba Quartz in der Version H82201931 | Drehbare Lünette

Materialien: Aluminium oder Keramik?

Bei der Materialwahl für Lünetten stehen oft Aluminium und Keramik zur Verfügung. Aluminium ist leicht und kostengünstig, kann aber leicht zerkratzen, während Keramik schwerer, aber auch kratzfest und langlebiger ist.

Drehringe wie die geriffelte Lünette einer Rolex Datejust, die keine Zusatzfunktion besitzen, übernehmen meist das stählerne Gehäusematerial oder bestehen aus einem Kontrastmaterial wie Gold, um einen Bicolor-Look zu kreieren.

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Geht es hingegen um Taucher- und andere Uhren mit eingelassener Skala, ist zwischen den Lünetten selbst und dem sogenannten Inlay (Einlage) zu unterscheiden, welches in den Ring eingesetzt wird.

Das Inlay besteht typischerweise aus Aluminium oder Keramik:

  • Aluminium: Ausgezeichnet durch sein mattes Finish, ist Aluminium oftmals in Einsteigermodellen vorzufinden und besitzt trotz seiner Schutzschicht eine hohe Kratzanfälligkeit. Auch das Verblassen der Farben bei regelmäßigem Sonnenlichteinfall zählt zu den Nachteilen des Werkstoffs, welcher ungefähr dieselbe Härte wie ein Edelstahlgehäuse besitzt. Im Gegenzug punktet Aluminium mit einer günstigen Ersetzung.
  • Keramik: Rund fünfmal härter als Aluminium ist das Keramik-Inlay der Goldstandard im Universum der Lünetten-Materialien. Eine komplexe Herstellung prädestiniert den glänzenden Look für hochwertige und teure Uhren, welche von der extremen Kratzfestigkeit, Hitzeresistenz und nicht nachlassenden Farbtiefe des Inlays profitieren. Besonders komplex wird es bei mehrfarbigen Varianten wie der Pepsi Lünette, die eine glasklare Farbtrennung benötigen. Nachteile der Keramiklünette: ihr hoher Preis, die oftmals unmögliche Austauschbarkeit und die Gefahr, unter starkem Druck zu zerbrechen.

Die Möglichkeiten sind unbegrenzt

Neben Aluminium und Keramik bestehen dutzende Gestaltungsmöglichkeiten von Lünetten. Beliebt ist der Überzug mit Saphirglas wie beispielsweise an der High-End-Taucheruhr Blancplain Fifty Fathoms, welcher die Kratzfestigkeit auf die Spitze treibt und einen edlen “Glossy”-Look hervorruft. Auch Titancarbid-Beschichtungen erfreuen sich einer steigenden Popularität.

Blancpain Fifty Fathoms Bathyscaphe in der Version 5100 1140 NAOA Luenette

Innovationen wie die TEGIMENT-Technologie des Frankfurter Herstellers Sinn setzen auf eine Oberflächenhärtung des Edelstahls und kommen gänzlich ohne Beschichtung aus. Ältere Modelle der Rolex Daytona sind weitere Beispiele für Uhren, die komplett auf ein Inlay verzichten.

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