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Was Zifferblätter und Zeiger sind, dürfte allgemein bekannt sein. Begriffe wie Rehaut, Indizes oder Lünette sind dagegen meist nur Uhrenliebhabern und Fachleuten geläufig. Anlass genug für uns, unseren Leserinnen und Lesern die sichtbaren Teile einer Uhr einmal im Detail vorzustellen.
Das Zifferblatt – “Gesicht” einer jeden Uhr
Wenn jemand auf eine Uhr sieht, fällt der Blick fast immer zuerst auf das Zifferblatt. Es gehört – zusammen mit dem Uhrwerk und den Zeigern zu den wichtigen Bestandteilen einer mechanischen Uhr und wird deswegen vor dem Rehaut besprochen. Schließlich erfüllt ein Zeitanzeiger auf dem Zifferblatt dort ihren ureigenen Zweck – die Anzeige der aktuellen Uhrzeit. Bei komplexeren Uhrwerken, die neben Stunden, Minuten und Sekunden noch weitere Informationen wie Tagesdatum, Wochentag, Monat, Mondphase oder die verbleibende Gangreserve bereitstellen, werden diese ebenfalls auf den Zifferblättern angezeigt.
Deren Gestaltung ist für die Uhrmacherei von so eminenter Bedeutung, dass sich dafür mit dem Cadranographen gar ein eigener Beruf ausgebildet hat. Das „Gesicht“, wie das Zifferblatt auch genannt wird, ist in der Regel rund, doch kommen auch andere, zum Beispiel quadratische, rechteckige oder tonnenartige, Formen vor.
Üblicherweise wird die verfügbare Fläche für die Anzeige der Stunden in zwölf gleiche Segmente unterteilt, seltener finden sich darüber hinaus Uhren mit einer 24-Stunden-Anzeige. Zur Anzeige der Minuten und – falls vorhanden – der Sekunden dient eine sechzigfach unterteilte Skala, die meist am äußeren Rand des Zifferblattes positioniert und als Minuterie bezeichnet wird. Bei Varianten mit zentralem Sekundenzeiger dient diese Skala zugleich zur Anzeige der Sekunden.
Die Minuterie kann ganz unterschiedlich gestaltet sein. Teils finden sich kleine Striche oder Punkte für jede Minute, die sich mit größeren Strichen für jeden Fünf-Minuten-Schritt abwechseln. Bei älteren Modellen und Uhren im Retro-Design ist häufig eine sogenannte Railroad-Minuterie anzutreffen, bei der die die einzelnen Minutenstriche wie die Schwellen eines Eisenbahngleises zwischen einem inneren und einem äußeren Kreis positioniert sind. Insbesondere bei Damenuhren mit relativ kleinem Gehäuse, aber auch bei eleganten Herrenuhren wird oft auf eine vollständige Minuterie verzichtet; stattdessen finden sich bei den betreffenden Modellen nur Stundenindizes und mitunter sogar nur ein Index für die Zwölf.
Kaum Grenzen für die Fantasie: Material und Design von Zifferblättern
Gerade wegen ihrer zentralen praktischen Funktion haben Zifferblätter zugleich eine besondere ästhetische Wirkung und bestimmen den äußeren Eindruck einer Uhr so stark wie kaum ein anderer Bestandteil. Dementsprechend hoch ist der Aufwand, den viele Luxusuhrenhersteller betreiben, um die Zifferblätter so zu gestalten, dass sie höchsten ästhetischen Ansprüchen gerecht werden.
Dabei kommen zahlreiche unterschiedliche Bearbeitungstechniken zur Anwendung, angefangen vom Prägen und Polieren über das Galvanisieren bis hin zum Bedrucken, Verzieren und Bemalen. Bei hochwertigen Manufakturmodellen können durchaus mehr als einhundert verschiedene Arbeitsgänge notwendig sein, um einem Zifferblatt das gewünschte Aussehen zu verleihen.
Als Basis für Zifferblätter dienen häufig aus Messing bestehende Plaketten, da sich diese Kupferlegierung relativ gut bearbeiten lässt. Teilweise wird jedoch auch Eisen verwendet.
Das gilt vor allem für Uhren, die besonders gegen störende Einflüsse von Magnetfeldern abgeschirmt werden sollen und bei denen das Zifferblatt Bestandteil des sogenannten Weicheisenkäfigs ist, der das Uhrwerk schützt. Häufig wird in die Plaketten zunächst ein dekoratives Muster eingeprägt. Handelt es sich um einen Chronographen oder ein Modell mit kleiner Sekunde, Gangreserve-Anzeige oder ähnlichen Komplikationen, dann müssen in einem der ersten Arbeitsgänge die dafür notwendigen Hilfszifferblätter in die Plakette eingearbeitet werden. Das kann durch Prägen, aber auch durch andere Verfahren wie Schneiden oder Fräsen geschehen.
Oftmals werden die Plaketten anschließend gehärtet, bevor die Zifferblätter mit ihrem endgültigen Durchmesser daraus ausgestanzt werden. Sind das Mittelloch und gegebenenfalls das Datumsfenster in den Rohling eingebracht worden, so wird dieser auf seine finale Höhe abgeschliffen und poliert. In weiteren Arbeitsgängen erhält das Uhrengesicht Lackierungen oder Guillochierungen und wird mit Indizes, Markenlogos und Beschriftungen versehen.
Rehaut und Lünette: der “Rahmen” des Zifferblatts
Um Zifferblätter herum findet sich häufig ein erhöhter Rand, der sie allseitig einrahmt. Dieser wird in der Fachsprache der Uhrmacher als Rehaut bezeichnet; im Deutschen wird dafür mitunter der Begriff Höhenring verwendet. Rein konstruktiv betrachtet, bildet dieser Rand den Übergang zwischen den Zifferblättern und den Gehäusen beziehungsweise den Uhrgläsern. Er schafft den notwendigen Abstand zwischen der Ebene des Zifferblatts und dem Uhrglas – und damit den für die Bewegung der Zeiger benötigten Raum. Neben dieser konstruktiven Funktion wird der erhöhte Zifferblattrand jedoch gerne für weitere Zwecke verwendet. In einigen Fällen nutzen die Hersteller ihn, um dort ihren Markennamen, ihr Logo oder die Modellbezeichnung unterzubringen.
So findet sich beispielsweise auf dem Rehaut vieler Rolex Uhren der Markenname eingeprägt. Bei vielen Uhren ist der Rehaut mit der Minuterie oder zusätzlichen Skalen – beispielsweise einer Tachymeterskala – versehen. Diese Lösung ermöglicht es, mehr Informationen auf dem Uhrengesicht unterzubringen oder dieses damit optisch zu “entlasten”, sodass es durch das Anbringen von zusätzlichen Skalen nicht zu überladen wirkt. Ein weiterer Vorteil von Skalen auf dem Rehaut besteht in der präziseren Ablesbarkeit im Vergleich zu einer weiter innen liegenden und damit insgesamt “engeren” Skala. Einige Uhrmodelle verfügen über drehbare Rehauts, die manchmal auch als innenliegende Lünette bezeichnet werden. Sie können beispielsweise zum Einstellen von Tauchzeiten oder Zeiten einer weiteren Zeitzone verwendet werden.
Den äußeren “Rahmen” für Zifferblätter und Uhrgläser bildet die sogenannte Lünette. Der Begriff leitet sich von dem lateinischen beziehungsweise französischen Wort für Mond (Luna bzw. la lune) ab und bedeutet so viel wie “kleiner Mond”. Feststehende Lünetten sind Bestandteil des Gehäuses und werden mitunter zum Einprägen von Tachymeterskalen genutzt oder mit schmückendem Edelsteinbesatz versehen.
Bei Taucheruhren, Fliegeruhren oder Militäruhren hingegen werden die Lünetten oft mit einem Drehring versehen. Dieser kann beispielsweise eine 24-Stunden-Skala zur Anzeige einer weiteren Zeitzone tragen, ist aber am häufigsten mit einer Minutenskala versehen, mit der sich bestimmte Zeitintervalle messen lassen. Unverzichtbar ist diese Funktion bei Taucheruhren, wo sie zum Einstellen der Tauchzeiten dient.
Aus Sicherheitsgründen ist hier vorgeschrieben, dass die Lünette nur in eine Richtung drehbar sein darf, um ein versehentliches Verstellen, das den Taucher gefährden könnte, zu vermeiden.
Bandanstoß, Drücker und Krone – Bedien- und Halteelemente von Armbanduhren
Last, but not least, sind an der Außenseite einer Armbanduhr noch einige Teile zu sehen, die jedoch alles andere als eine Nebenrolle spielen. Oberhalb und unterhalb des Zifferblatts befinden sich am Gehäuse die sogenannten Bandanstöße. An ihnen wird das Armband befestigt, und sie sind meist als “Hörner” oder als Bügel ausgeführt. Ein Bandanstoß kann sowohl gerade als auch geschwungen sein. Seitlich am Gehäuse finden sich zudem die verschiedenen Bedienelemente einer Uhr. Die Krone ist dabei Standard und befindet sich meist am rechten Gehäuserand in Höhe der Drei; mitunter wird sie jedoch auch links oder an anderen Stellen positioniert. Die Krone dient zum Einstellen der Uhrzeit und bei Werken mit Handaufzug auch zum Aufziehen. Darüber hinaus lassen sich über die Kronen häufig noch weitere Einstellungen – beispielsweise des Datums oder des Wochentages – vornehmen.
Zusätzliche Funktionen werden oftmals über Drücker gesteuert, die sich meist ebenfalls rechts am Gehäuse befinden und die Krone flankieren. Sie sind ein charakteristisches Merkmal von Chronographen und dienen dort zum Stoppen der Zeit beziehungsweise zum Zurückstellen der Zähler. Klassische Chronographen besitzen heute meist zwei Drücker, während es bei Uhren mit zusätzlichen Komplikationen durchaus auch mehr sein können. Falls ein dritter oder gar ein vierter Drücker vorhanden ist, wird dafür dann in der Regel die linke Gehäuseseite genutzt.