« 18 Karat für Omega Uhren »
Es scheint, als sei die Innovationskraft der modernen Uhrenindustrie unaufhaltsam: Nachdem das 21. Jahrhundert bereits eine Fülle neuer Komplikationen und kreativer Designs hervorgebracht hatte, begannen die Hersteller vor einigen Jahren mit der Neuerfindung der Materialien. Ein prominentes Beispiel dafür bildet Omegas Sedna Gold, das dem Edelmetall einen neuen Glanz, kräftigere Farben und eine exklusivere Ausstrahlung verleihen soll. Doch auch andere Hersteller setzen bereits auf eigene Uhrenmaterialien im Luxussegment.
Drei Elemente, ein Ziel: Optimale Eigenschaften
Laut Omega liegt die Inspiration des Sedna Goldes in einem Umfeld, das der Schweizer Traditionsmarke aus der eigenen Historie bestens bekannt ist – dem Weltraum. Jedoch bezieht sich der Name des Materials weder auf die Grenze zum All noch auf den Mond, wie man nach den Rekorden der “First Omega In Space” und der legendären “Moonwatch” vermuten könnte. Stattdessen geht es um einen Zwergplaneten namens Sedna, der seine Bahnen am entferntesten Rande des Sonnensystems zieht und nahezu völliger Dunkelheit ausgesetzt ist. Wie groß die Distanz dieses Körpers zur Sonne tatsächlich ist, zeigt folgender Vergleich: Während der äußerste Planet Neptun etwa 165 Jahre zur Umkreisung unseres Sterns benötigt, sind es bei Sedna über 11.000. Zugegeben, ein wenig fantasievoll ist diese Namensherkunft schon.
Doch die Zusammensetzung aus 18 Karat (also 75 Prozent) Roségold, Palladium und Kupfer liefert eine gute Erklärung für die kosmische Bezeichnung: So sorgt das Kupfer für eine besondere Farbtiefe des rötlichen Materials, genauso wie der Zwergplanet im tiefen Schwarz des Universums kreist. Im Gegensatz dazu begründet sich der Einsatz von Palladium mit dessen außergewöhnlicher Härte – insgesamt ist Sedna dadurch etwa dreimal widerstandsfähiger als andere Roségold-Legierungen der Uhrenbranche.
In diesen Modellen kommt das Material zum Einsatz
Seit der Einführung des Materials in der 2013 präsentierten Constellation sieht es sich trotz der massiven Aufpreise gegenüber vergleichbaren Edelstahl-Modellen einer steigenden Nachfrage gegenüber. Es verwundert also nicht, dass die Legierung mittlerweile bei mehreren Kollektionen aus Biel/Bienne zur Wahl steht. In ihrer wohl reinsten Form veredelt sie nach wie vor die Constellation Reihe, deren Simplizität automatisch einen starken Fokus auf die Uhrenmaterialien und nicht etwa Komplikationen legt. Aber auch die De Ville Kollektion mit der Serie Omega Ladymatic verhelfen dem Werkstoff zu nachhaltiger Präsenz, die bei massiven Goldgehäusen natürlich am größten ist.
Einen Gegenpol dazu bildet die limitierte Moonwatch Apollo 11 45th Anniversary, bei der lediglich feine Details wie Zeiger, Indizes und Ränder der Lünette in Sedna Gold erscheinen. Sie verdeutlicht, dass die charakterstarke Legierung auch im kleinen Maßstab einen nachhaltigen Effekt haben kann – man muss also keine gewaltigen Summen in massive Goldgehäuse investieren, um den rötlichen Glanz selbst zu erfahren. Wer sich dennoch die volle Ausführung wünscht, sollte einen Blick auf die Seamaster 300 in Sedna Gold werfen: Ihre schwarzen Kontraste an der Lünette und im Zifferblatt, aber auch die moderate Größe bringen das Material exzellent zur Geltung.
Ceragold: Die komplexe Symbiose mit Keramik
Als exotische Variante des Edelmatalls steht Sedna in den Produktionsstätten der Swatch-Tochtermarke keineswegs allein. So nutzt der Hersteller seit 2012 auch das sogenannte Ceragold-Verfahren, in dessen Fokus die Beschichtung von Keramiklünetten mit dem begehrten Edelmetall steht. Was zunächst simpel klingt, erforderte Jahre der Forschung und Entwicklung: So müssen die Keramikringe nach ihrer Härtung bei rund 1400°C und der Lasergravur der Skala mit einer leitfähigen Schicht überzogen und 48 Stunden in ein elektrolytisches Goldbad getaucht werden. Dort bildet sich eine 18 Karat Goldschicht um die gesamte Lünette, welche anschließend jedoch so weit reduziert wird, dass nur die Vertiefungen der Ziffern und Markierungen ihre goldene Schicht behalten.
Warum sich dieser Aufwand lohnt, demonstriert die Seamaster Planet Ocean 600 M: Nicht nur eine völlig glatte Oberfläche der Lünette, sondern auch höhere Kontraste zwischen schwarzer Keramik und goldener Skala im Vergleich zu einer einfachen Auftragung rechtfertigen das komplexe Verfahren. Man könnte meinen, diese beeindruckende Kompetenz bei der Goldverarbeitung würde der Schweizer Marke einen Vorsprung gegenüber konkurrierenden Manufakturen verschaffen. Doch Omegas Mitbewerber schlafen nicht, sondern treiben den innovativen Einsatz des Edelmetalls seit Jahrzehnten selbst voran.
Rolesor und Magic Gold: Was zählt, ist Kreativität
Insbesondere Rolex, für viele Enthusiasten der Inbegriff für prestigeträchtige Golduhren, ist mit dem geschickten Einsatz seiner Legierungen schon lange vertraut. So ließ der Genfer Hersteller im Jahr 1933 den Begriff Rolesor schützen, der nichts anderes beschreibt als die gleichzeitige Verwendung von Gold- und Edelstahl-Komponenten in derselben Uhr. Das Konzept ist simpel: Während Lünette, Aufzugskrone und die Mittelteile des Armbands als goldene Ausführungen erscheinen, setzen die restlichen Komponenten auf den hauseigenen Edelstahl “Oystersteel”. Daraus ergibt sich ein ausgewogener Mittelweg, der weniger prunkvoll als eine komplette Goldvariante und dennoch reizvoller als hundert Prozent Edelstahl daherkommt.
Geht es jedoch um technische Höchstleistungen anstelle von optischen Kompositionen, erweist sich Hublots Magic Gold als führend. Im Gegensatz zu Sedna Gold wird hier nicht Kupfer oder Palladium, sondern Platin hinzugefügt, wodurch das Material zur kratzfestesten Goldlegierung der Uhrenindustrie wird. Poliert durch Ultraschall, lässt es bei genauem Hinsehen die einzelnen Partikel der Legierung erkennen und unterliegt einem äußerst komplexen Herstellungsverfahren – so können nur wenige Modelle aus Magic Gold pro Tag gefertigt werden. Es ist schon faszinierend, dieses Material. Wie Omegas Sedna veranschaulicht es den aktuellen Wandel der Branche unmissverständlich – nie zuvor wurden technische Innovationskraft und Vielfalt in der Horologie so groß geschrieben. Wir können gespannt sein, welche Werkstoffe unsere Handgelenke noch in Zukunft bereichern werden.