« Die beliebtesten Uhren mit Zierschliff »
Zierschliffe zählen zu den wichtigsten Bestandteilen hochwertiger Zeitanzeiger: Nicht nur bringen sie die Qualitätsstandards der Modelle zum Ausdruck, sondern verleihen ihnen auch Charakter und machen jeden Anblick zu einem Erlebnis. Dabei spielt neben der Veredelung des Zifferblatts auch die Finissage des Uhrwerks eine entscheidende Rolle. Wir präsentieren die wichtigsten Zierschliffe und zeigen, welche berühmte Uhren mit ihnen ausgestattet sind.
Sonnenschliff: Klassiker im Zifferblatt
Wohl kaum eine andere Verzierung besitzt eine ähnliche Prominenz wie der Sonnenschliff: Meist auf Zifferblättern und gelegentlich bei runden Uhrwerksbestandteilen vorzufinden, zieht er sich in variierenden Qualitätsstufen über alle Preisklassen hinweg.
Sportlichen Divern wie der Tag Heuer Aquaracer Quarz, aber auch zeitlosen Klassikern wie der Rolex Oyster Perpetual verleiht er eine luxuriöse Ästhetik und hohe Wandlungsfähigkeit in Abhängigkeit des Lichteinfalls.
Ein Sonnenschliff wird geschaffen, indem plane Oberflächen mit einer Schleifscheibe derart bearbeitet werden, dass ein vom Zentrum ausgehendes, sonnenstrahliges Irisieren entsteht. Schwenkt man die Uhr, so ändert sich der Einfallswinkel des Lichts und die geschliffene Fläche scheint letzteres im Kreis zu drehen.
Eine wahrlich magische Optik, die kein großes Vermögen erfordert: Einstiegsmodelle wie die Hamilton American Classic Intra-Matic machen die Veredlung im dreistelligen Preisbereich greifbar und sehen deutlich wertvoller aus – dem Sonnenschliff sei Dank. In höheren Klassen steigt meist die Intensität des Effekts, welche unter anderem durch Handarbeit bei Breguet, Blancpain und anderen Spitzenmarken erzielt wird.
Perlschliff: Dichte Wirbel im Uhrwerk
Im Gegensatz zum Sonnenschliff finden wir den Perlschliff (auch Perlierung oder Perlage genannt) eher selten im Zifferblatt – Ausnahmen wie der Chopard Mille Miglia Chronograph Ref. 16/8331-99 bestätigen die Regel. Stattdessen markiert die Perlierung einen typischen Bestandteil der Uhrwerksdekoration – auch Finissage genannt – und wird auf diversen Komponenten wie Platinen, Brücken und Rädern angebracht.
Das Grundprinzip ist auf allen Qualitätsstufen gleich: Glatte Flächen werden mit kreis- oder ringförmigen Wirbeln verziert, die sehr dicht aneinander liegen und ein überlappendes Muster bilden. Während der Perlschliff in günstigeren Preisklassen maschinell erzeugt wird, greifen Luxusmodelle wie die Chopard L.U.C. 1937 auf traditionelle Handarbeit zurück. Deren Umsetzung ist schwieriger, als man zunächst denken würde.
Weil jeder Wirbel zur Erzeugung eines harmonischen Musters perfekt platziert werden muss, verlangt die Perlierung ihrem Dekorateur ein Höchstmaß an Fingerspitzengefühl ab und erfordert darüber hinaus eine künstlerische Ader. Das liegt an der Art der Ausführung: So wird der Perlschliff durch das Drehen eines Holzstabs kreiert, der mit geschlämmtem Schmirgel versehen ist.
Abhängig von der Stelle der Perlierung kommen Holzstäbe mit verschiedenen Durchmessern zum Einsatz, die wiederum ein harmonisches Gesamtbild ergeben müssen. Es ist also keineswegs untertrieben, von der Perlierung als eigene Wissenschaft zu sprechen.
Wellenschliff: Berühmteste Form der Finissage
Nur eine Uhrwerksdekoration kann den Perlschliff in puncto Bekanntheit noch übertreffen: Der Wellenschliff, auch als Genfer Streifen oder auf Französisch als “Côtes de Genève” bekannt. Dieses Dekormuster besteht aus abwechselnden Streifen auf einer glatten Oberfläche, die durch leicht satinierte Bereiche voneinander getrennt sind. Besonders für Sichtkomponenten wie Brücken geeignet, dominiert der Wellenschliff von der 400-Euro-Tissot bis zur tausendmal teureren Breguet die gesamte Uhrenwelt und kennt keine kreativen Grenzen.
Besonders eindrucksvoll finden wir die sogenannten Genfer-Streifen-Arabesken auf dem Rotor der Omega Constellation: Sie übernimmt die optische Tiefe der geraden Varianten, paart diese jedoch mit einem turbinenähnlichen Drehmuster. Trotz – oder vielleicht gerade wegen – maschineller Fertigung ist das Endresultat beeindruckend und gilt heutzutage als Markenzeichen des Bieler Herstellers. Viele andere Modellreihen wie die Speedmaster Dark Side of the Moon oder die Omega Seamaster Diver 300M präsentieren durch ihren Saphirglasboden ebenfalls den charakteristischen Wellenschliff.
Apropos Seamaster: Einige Leser werden jetzt anmerken, dass auch im Zifferblatt der Taucheruhr ein Wellenmuster auftaucht. Eine richtige Feststellung, allerdings handelt es sich hierbei um lasergravierte Wellen und nicht etwa einen Zierschliff. Der Begriff “Wellenschliff” bezeichnet ausschließlich die erläuterte Uhrwerksdekoration.
Weitere Zierschliffe: Die Vielfalt ist gewaltig
Während einfache Uhrwerke durch Wellen- und Perlschliff bereits sehr ansehnlich werden und keine weiteren Zierschliffe benötigen, sind die Möglichkeiten in der Haute Horlogerie nahezu unbegrenzt. Je teurer der Zeitanzeiger, desto anspruchsvoller die Dekorationen. Ein buchstäblich glänzendes Beispiel dafür ist die Anglage, eines der schwierigsten Endbearbeitungsverfahren überhaupt. Sie bezeichnet die Ausrundung, Abschrägung und Politur von Kanten und Winkeln des Uhrwerks. Während einfaches Anglieren noch maschinell erledigt werden kann, müssen Innenwinkel zwingend per Hand verziert werden. Topmodelle wie die oben genannte Chopard L.U.C. 1937 setzen auf vollständige Handarbeit, was den Aufwand natürlich drastisch erhöht.
Übrigens: Wenn Experten mit der Lupe auf ein Uhrwerk schauen, gilt ein großer Teil ihrer Aufmerksamkeit der Anglage. Je aufwendiger und perfekter die Verzierung, desto wertvoller in der Regel die Uhr. Doch das Universum der Zierschliffe reicht noch viel weiter. Besonders prestigeträchtig ist das Spiegelblankpolieren (auch “Poli Miroir” oder “Poli Noir”), das den behandelten Oberflächen je nach Lichteinfall eine onyxschwarze oder eben spiegelblanke Erscheinung verleiht.
Häufig finden wir sie auf den Hämmerchen von Minutenrepetitionen im sechsstelligen Preisbereich, wie beispielsweise in der Breguet 7637. Nicht weniger beeindruckend ist das Wendeln (“Colimaçonnage”), ausgezeichnet durch ein spiralförmiges Lichtspiel und häufig auf Federhausdeckeln vorzufinden.
Zusammen mit einfacheren Schleifverfahren wie dem Bürsten (“Brossage”) demonstrieren diese Veredelungen, dass die Welt der Zierschliffe eine faszinierende und komplexe Wissenschaft für sich ist, die weit über den klassischen Sonnenschliff und die bekannte Perlierung hinausreicht.
Wir empfehlen jedem Enthusiasten, tiefer in dieses Universum einzusteigen und sein horologisches Verständnis aufs nächste Level zu bringen.