« So funktioniert die Komplikation »
Eine Mondphasenanzeige gehört zu den sogenannten kleinen Komplikationen. Sie stellt für Uhrmacher eine geringere Herausforderung dar als die großen Komplikationen Minutenrepetition, Ewiger Kalender und Tourbillon, ist aber dafür stets auf den ersten Blick sichtbar. In unserem heutigen Magazinbeitrag erklären wir, wie sie funktioniert, und stellen unseren Lesern einige Uhrenmodelle mit Anzeige der Mondphase vor.
Der Mond – faszinierender Begleiter der Erde
Der Mond und seine wechselnden Lichtgestalten haben die Menschen seit jeher fasziniert. Aus archäologischen Funden ist bekannt, dass der Zyklus des Mondes schon in frühen Kulturen als Basis für Kalender gedient hat. Da für die Landwirtschaft jedoch der Rhythmus des Sonnenjahres entscheidend ist, wurden die ausschließlich auf der Beobachtung des Mondes basierenden Lunarkalender schon mit dem Übergang zur Ackerbaukultur in der Jungsteinzeit zunehmend durch andere Kalendersysteme verdrängt. An ihre Stelle traten entweder Lunisolarkalender, die ebenfalls auf dem Mondzyklus basieren, aber durch gelegentliche Schaltmonate zumindest annähernd an den Verlauf des Sonnenjahres angepasst werden oder Solarkalender, die sich ausschließlich am Lauf der Sonne orientieren.
Mit dem Gregorianischen Kalender hat sich inzwischen ein Solarkalender auch international durchgesetzt. In einigen Bereichen, so etwa im Judentum und Islam, finden jedoch weiterhin Lunisolarkalender beziehungsweise Lunarkalender Verwendung, um beispielsweise die Termine für bestimmte religiöse Festtage oder Fastenzeiten zu ermitteln. Da der Mond auch in anderen Zusammenhängen, etwa in der Mythologie und in der Astrologie, eine wichtige Rolle spielt, entstand schon früh die Idee, eine Anzeige der Mondphase in mechanische Uhren zu integrieren.
Mondphasen – seit dem 16. Jahrhundert in der Uhr technisch realisierbar
Schon im frühen 16. Jahrhundert waren Uhrmacher in der Lage, Wanduhren zu bauen, die die aktuelle Mondphase anzeigen konnten.
Eine entsprechende Komplikation wurde zwar später auch bei Armbanduhren verwendet, verlor allerdings im Zuge der Quarzkrise der 1970er Jahre und mit dem Aufkommen von Digitaluhren stark an Bedeutung. Eine Trendwende setzte erst ab 1983 ein, nachdem Blancpain das mit einer Mondphasenanzeige ausgestattete Kaliber 6395 auf den Markt gebracht hatte. Diese mechanische Uhr entwickelte sich für den Hersteller zu einem bemerkenswerten Markterfolg, sodass auch andere Uhrenmarken eigene Modelle mit dieser astronomischen Komplikation lancierten.
Wer heute eine Uhr mit Mondphase sucht, findet beinahe in jeder Preiskategorie entsprechende Angebote. Der einer Mondphasenanzeige zugrundeliegende Mechanismus ist vergleichsweise simpel, sodass sich auch gängige Basiskaliber mit vergleichsweise geringem Aufwand um Mondphasenanzeigen ergänzen lassen. Die qualitativen Unterschiede sind allerdings erheblich, und bei besonders preisgünstigen Modellen lässt die Präzision häufig zu wünschen übrig.
Dauer und Präzision der Anzeige
Astronomisch gesehen, dauert eine Mondphase exakt 29 Tage, zwölf Stunden, 44 Minuten sowie 2,9 Sekunden. Bei der klassischen Konstruktion einer Uhr wird jedoch meist abgerundet auf 29,5 Tage. Weil sich halbe Tage nicht ohne Weiteres in eine auf Rädern basierende Mechanik “übersetzen” lassen, wird in der Praxis meist ein Rad mit 59 Zähnen verwendet, das für zwei aufeinanderfolgende Phasen von jeweils 29,5 Tagen reicht. Zur Darstellung wird eine sogenannte Mondscheibe verwendet, von der jeweils nur ein Ausschnitt durch ein Fenster auf dem Zifferblatt sichtbar ist.
Auf der Scheibe finden sich gegenüberliegende Darstellungen des Mondes, von denen stets nur eine – ganz oder teilweise – im Anzeigefenster erscheint. Zur korrekten Darstellung der Mondphase wird die Scheibe einmal täglich um einen Zahn weiterbewegt; in der Regel erfolgt dies um Mitternacht. Allerdings ist eine solche Mondphasenanzeige mit einem systematischen Fehler behaftet, der sich im Laufe eines Jahres auf eine Differenz von rund acht Stunden zum wahren Stand des Mondes summiert. Binnen drei Jahren ergibt sich somit bereits eine Abweichung um einen ganzen Tag. Daher werden häufig Korrekturmechanismen eingebaut, die ein Nachjustieren der Mondphasenanzeige per Knopfdruck ermöglichen.
Ambitionierte Uhrenmanufakturen im Luxussegment legen allerdings Wert darauf, von vornherein präzisere Mechanismen zu entwickeln.
Die besten Mondphasenmechanismen arbeiten so genau, dass eine Korrektur um einen Tag erst nach einer Laufzeit von mehr als 100 Jahren notwendig wäre.
Mondphasenuhren – ausgewählte Modellbeispiele renommierter Luxusuhrenhersteller
Blancpain
Ein Blick auf ausgewählte Modellbeispiele von renommierten Luxusuhrenherstellern zeigt die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten von Mondphasenanzeigen. Die Uhrenmanufaktur Blancpain, deren Name untrennbar mit der Renaissance der Mondphasenanzeige in den 1980er Jahren verbunden ist, führt bis heute mehrere Modelle mit dieser Komplikation in ihrem Sortiment, beispielsweise in ihren beiden Modellinien Leman und Villeret. Dabei handelt es sich bei den Leman-Modellen nicht nur um eine Uhr mit Mondphase, sondern um hochkomplexe Damen- und Herrenuhren, die darüber hinaus auch einen Ewigen Kalender mit Zeigerdatum, Wochentags- und Monatsanzeige sowie eine kleine Sekunde besitzen.
Die verschiedenen Versionen der Blancpain Villeret weisen nahezu dieselben Funktionsmerkmale auf, nur findet sich hier statt der kleinen Sekunde eine Zentralsekunde. Das Fenster für die Mondphasenanzeige ist jeweils etwas oberhalb der Sechs positioniert und im Fall der Leman mit der kleinen Sekunde kombiniert.
Chopard
Chopard bietet mit seinem Modell Chopard LUC Lunar Big Date ebenfalls eine exklusive Mondphasenuhr an. Ihr Werk ist mit einem automatischen Aufzug versehen, als Chronometer zertifiziert und arbeitet so exakt, dass die Mondphasenanzeige erst nach 122 Jahren um einen Tag vom tatsächlichen Mondzyklus abweichen würde.
Bei diesem Modell befinden sich in der unteren Zifferblatthälfte zwei Hilfszifferblätter. Links zwischen Sieben und Acht liegt die Mondphasenanzeige, die bei der Chopard LUC Lunar Big Date übrigens sowohl für die Nord- als auch für die Südhalbkugel genutzt werden kann, während rechts zwischen Vier und Fünf die kleine Sekunde Platz findet.
Die obere Zifferblatthälfte dagegen ist dem Panoramadatum vorbehalten, das dem Modell seinen Namen gab.
Omega
Von der Omega Speedmaster Moonwatch, die ursprünglich als sportlicher Chronograph für Motorsportler und Piloten entwickelt und von der NASA zur offiziellen Astronautenuhr erkoren wurde, gibt es mittlerweile ebenfalls eine Version, die den Erdtrabanten nicht nur im Namen, sondern auch auf dem Zifferblatt trägt.
Bemerkenswert ist dabei die außergewöhnlich detaillierte und naturgetreue Darstellung des Mondes. Denn dieser ist im entsprechenden Anzeigefenster auf dem Zifferblatt der Omega Speedmaster Moonwatch Moonphase nicht als graphische Darstellung sondern als hochauflösendes, extrem detailreiches Schwarz-Weiß-Foto zu sehen und wirkt überraschend echt.
Hublot und Junghans – gestalterische Gegenpole unter den Mondphasenuhren
Wer eine etwas auffälligere und unkonventionellere Uhr mit Mondphase sucht, findet diese beispielsweise in Gestalt der Hublot Spirit of Big Bang Moonphase. Das Modell mit Tonneau-Gehäuse bildet – wie die meisten Uhren von Hublot – einen markanten Blickfang. Im Unterschied zu anderen Mondphasenuhren ist die Mondscheibe der Hublot Spirit of Big Bang Moonphase nicht bis auf den jeweils aktuellen Ausschnitt unsichtbar, sondern wird nur durch eine je – nach Version unterschiedlich gefärbte – Scheibe aus halbtransparentem Quarz verdeckt.
Einen maximalen optischen Kontrast zu Hublots opulenter Mondphasenuhr stellt die im Vergleich dazu schon fast extrem schlichte Junghans Meister Kalender dar. Sie zeigt den aktuellen Stand des Mondes ebenfalls an, ohne dabei auch nur im Geringsten von der für die gesamte Meister-Kollektion typischen sachlich-eleganten Linie abzuweichen.
Zwischen der schlichten Junghans Meister Kalender und der extravaganten Hublot Spirit of Big Bang Moonphase gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Luxusuhren mit Mondphase, die teils eher klassisch, teils aber auch etwas sportlicher gestaltet sind.
Als Beispiele seien hier nur – ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit – Modelle wie die Breguet Classique Mondphase, die Union Glashütte Belisar Chronograph Mondphase oder die Mondphasen-Versionen der Longines Master Collection Retrogerade, der Longines Conquest Gents Automatik, der Rolex Cellini oder der beiden Oris-Modelllinien Artix und Big Crown genannt.