Egal, wie gut man sie beschützt: Regelmäßig getragene Uhren entwickeln mit der Zeit Gebrauchsspuren, die das perfekte Bild am Handgelenk eintrüben. Aber was können Sie unternehmen, um den Zeitanzeiger zurück in seinen optischen Neuzustand zu versetzen? Wir geben Tipps zur Politur von Gehäuse und Uhrenglas, erklären die schlimmsten Fehler und beantworten die Frage, in welchen Fällen eine Politur überhaupt sinnvoll ist.
Polieren bedeutet, Material abzutragen
Bevor man zur eigenständigen Politur greift oder die wertvolle Uhr zum Profi bringt, muss man sich des Funktionsprinzips dieser Maßnahme bewusst sein: Um Kratzer aus dem Edelstahl, der Goldlegierung oder einem anderen Material zu polieren, wird die oberste Schicht dieses Werkstoffs abgetragen.
Welche Dicke des Materials entfernt werden muss, hängt von der Tiefe der Kratzer ab: Während leichte Oberflächenkratzer lediglich die Abtragung einer hauchdünnen Schicht verlangen, ist der Materialverlust beim Herauspolieren schwerwiegender Kratzer beträchtlich. Mutet man die Prozedur seiner Uhr öfters zu, resultiert eine regelrechte Verformung des Gehäuses, weil Kanten abgerundet werden und der Charakter des edlen Stücks verschwindet.
Wer zum Beispiel eine Rolex polieren möchte, muss im Falle der berühmten, geriffelten Datejust-Lünette auf die Erhaltung der scharfen Kanten achten, weil der funkelnde, präzise Glanz andernfalls für immer verloren geht.
Es ist nicht schlimm, alle paar Jahre die lästigen Oberflächenkratzer aus der Tag Heuer, Breitling oder Omega zu polieren. Aber man muss bedenken, dass die Uhr jedes Mal um ein kleines Stück leichter wird.
Uhrengehäuse polieren: Leichte Kratzer selbst entfernen
Sind die Kratzer oberflächlich, ist unserer Meinung nach keine teure Expertenbehandlung erforderlich. Ein bewährtes Mittel zur eigenständigen Politur sind beispielsweise Cape Cod Poliertücher, die in Zweierpacks für rund zehn Euro erhältlich sind und praktischerweise bereits mit der Politur getränkt sind.
Bis die ersten Resultate zu sehen sind, können vor allem beim harten Edelstahl mehrere Minuten vergehen – hier sind Geduld und Ausdauer gefragt. Ein großer Vorteil der öligen Politur liegt in ihrer geschmeidigen Anwendung – man spürt während des Polierens keinen Widerstand und kein raues Gefühl.
Weil die Anwendung von Cape Cod, abgesehen von einigen Grundregeln des Uhrenpolierens (siehe unten), keine Fachkenntnisse erfordert und keine teuren Maschinen angeschafft werden müssen, ist diese Methode unser absoluter Favorit für die Beseitigung leichter Oberflächenkratzer.
Starke Kratzer: Maschinelle Behandlung vom Experten
Egal, ob man eine Tag Heuer, Rolex oder Hublot polieren möchte: Gehen die Kratzer tief ins Material, helfen Poliertücher nicht. In diesem Fall raten wir dazu, einen erfahrenen Experten aufzusuchen und eine maschinelle Aufbereitung durchführen zu lassen. Zu hoch ist das Risiko für Laien, der wertvollen Luxusuhr Schäden zuzufügen. Wer sich die Arbeit dennoch selbst zutraut, muss zunächst mit einem Vorschliff beginnen, indem die verkratzte Oberfläche mit Schmirgelpapier verschiedener Körnungen abgeschliffen wird. Man beginnt mit der gröbsten und endet mit der feinsten Körnung.
Anschließend kann das Poliermittel auf die Schwabbelscheibe der Poliermaschine aufgetragen und vorsichtig mit der Politur begonnen werden. Im Gegensatz zu Cape Cod kann man hier vieles falsch machen, vom Druck über den Winkel bis hin zum Poliermittel und der Geschwindigkeit. Deshalb raten wir vor allem bei wertvollen Uhren zur Investition in einen kompetenten Fachmann.
Achtung! Diese Fehler sind zu vermeiden
Will man ein Uhrengehäuse polieren, das aus abwechselnd glatten und satinierten Segmenten besteht, ist besonderes Feingefühl gefragt. Man sollte in keinem Fall über die satinierten Flächen reiben oder sie maschinell behandeln, weil diese sonst mitpoliert werden und ihr absichtliches, mattes Finish verlieren. Das gilt für Cape Cod und jede andere Methode. Nutzt man eine maschinelle Politur, sind die mattierten Flächen sorgfältig abzukleben.
Außerdem wichtig: Jegliche Polituren beschichteter Gehäuse bergen ein besonderes Risiko, weil die Schichten (z. B. Vergoldungen) extrem dünn aufgetragen sind. Bereits nach der ersten Politur kann die Vergoldung sichtbar abgetragen sein, die silberne Gehäusefarbe schimmert durch und die Optik des Zeitanzeigers ist ruiniert. Deshalb ist es bei vergoldeten Uhren beinahe unmöglich, sie wieder neu aussehen zu lassen wie frisch aus der Uhrenbox.
Uhrenglas polieren: Bei Plexiglas kein Problem
Was ist eine Uhr mit strahlender Goldlegierung, perfektem Lederarmband und tollem Zifferblatt, wenn das Uhrenglas total zerkratzt ist? Um den transparenten Teil der Armbanduhr polieren zu können, muss dieser aus dem weichen, bearbeitungsfähigen Plexiglas bestehen. Wer beispielsweise die originale Moonwatch von Omega polieren möchte, hat bei leichten Kratzern gute Chancen zur eigenständigen Beseitigung. Das nötige Mittel heißt Polywatch, eine weiße Polierpaste, die für wenige Euro erhältlich ist und mit einem Wattepad in das Glas eingerieben wird. Erstaunlich: Bereits nach wenigen Minuten verschwinden leichte Kratzer vollständig und selbst stärkere Beschädigungen lassen sich mit etwas Geduld aus dem Plexiglas entfernen.
Egal, ob man eine historische Rolex polieren möchte oder eine günstigere Uhr der Moderne. Will man an einer Uhr mit Mineral- oder Saphirglas Kratzer entfernen, hilft die Politur nicht. Die Werkstoffe, vor allem das diamantähnliche moderne Saphirglas, sind zu hart, um von dem Mittel abgerieben werden zu können. Zwar könnten professionelle Maßnahmen theoretisch auch das härteste Uhrenglas polieren, doch die Kosten und der Aufwand dieses Eingriffs wären teurer als der Einbau eines neuen Glases.
Armbanduhr polieren? Eine Frage der Absichten
Der Kratzer ist entdeckt – und nun? Viele Enthusiasten fragen sich, ob die Politur oder das Akzeptieren des kleinen Schadens als “charmante Patina” besser ist. Wir sagen: Es kommt auf den Zweck an.
Dient die Uhr zur Wertanlage und wird später mit hoher Wahrscheinlichkeit verkauft, raten wir zum Weglassen der Politur – der Großteil des Marktes bewertet den Eingriff als Verfälschung des Originalzustands, welche den Wert reduziert.