« Woher kommen die Namen der führenden Luxusuhren-Labels? »
Dass es sich bei Markennamen wie Breitling, Chopard, Mühle Glashütte oder Ulysse Nardin um die Namen der jeweiligen Unternehmensgründer handelt, dürfte den meisten Uhrenliebhabern bekannt sein. Doch wonach sind Labels wie Longines, Oris, Rolex oder Zenith benannt worden? Wir sind der Frage nachgegangen und haben für die Leserinnen und Leser unseres Magazins einige interessante Fakten herausgefunden.
Erstaunliche Geschichten und einige Überraschungen
Viele große Luxusuhren-Label tragen bis heute den Namen ihres Firmengründers beziehungsweise der Gründerfamilie. Daneben gibt es am Uhrenmarkt jedoch auch eine ganze Reihe von Markennamen, deren Bedeutung sich nicht sofort erschließt. Wer die Ursprünge dieser Namen ergründet, stößt dabei auf allerlei interessante Details der Uhrengeschichte. In einigen Fällen sollte der Name den hohen Qualitätsanspruch des Herstellers an sich selbst und an seine Produkte betonen, in anderen Fällen handelte es sich um reine Fantasienamen oder Anspielungen auf den Gründungsort der betreffenden Luxusuhren-Label. Und mitunter scheint der Markenname zwar ein Personenname zu sein, doch in Wirklichkeit hat ihn kein Mensch je getragen.
Omega und Zenith: Symbole für Perfektion und höchste Vollendung
Omega ist der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets und gilt seit alters her als Symbol für Vollendung. Dass es heute zugleich Logo und Markenname eines renommierten Schweizer Luxusuhrenherstellers ist, geht auf das Jahr 1894 zurück.
Damals verwendete das bis dahin als nach dem Gründer Louis Brandt benannte firmierende Unternehmen den Namen Omega zum ersten Mal.
Es ging dabei um die Bezeichnung für ein neu entwickeltes Uhrwerk und die Taschenuhr, die damit ausgestattet wurde. Entsprechend seiner traditionellen Bedeutung sollte der griechische Buchstabe die außergewöhnliche Qualität des neuen Kalibers betonen, das seinen Erfindern in Fachkreisen seinerzeit große Anerkennung eingebracht hatte. Wenig später wurde die Bezeichnung Omega in den Firmennamen aufgenommen und 1904 veröffentlichte das Unternehmen seinen ersten Katalog unter dieser heute weltweit bekannten Marke.
Nicht weniger hoch ist der Anspruch, der sich mit dem Markennamen der Uhrenmanufaktur Zenith verbindet. Diese war im Jahr 1865 von Georges Favre-Jacot gegründet worden und revolutionierte die Uhrenherstellung dadurch, dass sie erstmals alle Uhrmacherberufe unter einem Dach zusammenfasste. Es heißt, Favre-Jacot habe eines Abends ein Uhrwerk fertiggestellt, welches ihm besser erschien als sämtliche vorherigen. Als er wenige Augenblicke später nach draußen trat und auf den klaren Sternenhimmel blickte, habe ihn die Himmelsmechanik an das Spiel der Zapfen und Räder in einem Uhrwerk erinnert.
In diesem Moment habe er sich dazu entschlossen, sein gerade fertiggestelltes Uhrwerk ebenso wie die gesamte Firma nach dem höchsten Punkt des Firmaments, dem Zenit, zu benennen. So führte das in eine Aktiengesellschaft umgewandelte Unternehmen ab 1911 unter “Fabrique des Montres Zenith” und nutzt seither einen fünfzackigen Stern als Logo.
Referenz an die eigenen Wurzeln: Oris und Longines
Wer wissen will, was sich hinter den beiden Markennamen Longines und Oris verbirgt, muss an den Gründungsorten der beiden Unternehmen suchen. Als Paul Cattin und Georges Christian 1904 in Hölstein eine erst kurz zuvor geschlossene Uhrenfabrik namens Lohner & Co. kauften, um hier künftig eigene Uhren zu produzieren, gaben sie ihr Unternehmen den eigenen Vor- oder Nachnamen.
Vielmehr benannten sie es nach dem nur wenige Kilometer entfernt fließenden Orisbach, der aus der Vereinigung der beiden Dorfbäche von Büren und Ruestelbach hervorgeht und nach neun Kilometern in Liestal in die Ergolz mündet.
Ähnlich verfuhr auch Ernest Francillon, der im Jahr 1854 die Leitung des von seinem Onkel Auguste Agassiz mitgegründeten Unternehmens übernommen hatte.
Gemeinsam mit den beiden Uhrenhändlern Florian Morel und Henri Raiguel hatte dieser im Jahr 1832 in Saint-Imier einen Uhrenhandel mit eigener Fabrikation etabliert, der sich so erfolgreich entwickelte, dass die ursprünglich genutzten Räumlichkeiten dafür bald zu klein wurden.
Francillon erwarb deshalb 1866 ein etwas außerhalb von Saint-Imier gelegenes Grundstück, das als “Les Longines” bezeichnet wurde. Ins Deutsche übersetzt, bedeutet dies etwa “die länglichen Wiesen” und spielte damit offenbar auf die Grundstücksform an. Die dort errichtete Fabrik für Taschenuhren firmierte zunächst als “E. Francillon, Longines, Suisse”. Um sich gegen Fälschungen zu schützen, ließ Francillon den Namen Longines im Mai 1889 als Marke beim Eidgenössischen Amt für Geistiges Eigentum registrieren. Knapp vier Jahre später, im März 1893, folgte dann die Registrierung durch das Internationale Amt für Geistiges Eigentum. Andere Uhrenmarken vollzogen diesen Schritt erst deutlich später.
Damit gehört Longines nicht nur zu den traditionsreichsten Uhrenmarken der Schweiz, sondern ist zugleich auch das älteste eingetragene Luxusuhren-Label weltweit.
Fantasienamen mit praktischem Hintergrund: Rolex und Tudor
Als Luxusuhren-Label ist Rolex heute weltweit bekannt und gefragt. Dieser Erfolg ist natürlich in erster Linie der hohen Qualität seiner Produkte zu verdanken. Doch darüber hinaus dürfte auch der Name eine wichtige Rolle bei der weltweiten Expansion gespielt haben. Dieser hat weder mit irgendwelchen Symbolen noch mit topographischen Gegebenheiten am Gründungsort der Marke zu tun — und schon gar nicht mit dem Namen irgendeiner Person. Es handelt sich um einen reinen Fantasienamen, den sich Rolex-Gründer Hans Wilsdorf für seine Uhren ausgedacht hat. Als er 1905 zusammen mit einem Geschäftspartner seine erste Uhrenfirma in London gründete, hieß diese zunächst Wilsdorf & Davis Ltd. Drei Jahre danach ließ Wilsdorf den Namen Rolex als Marke registrieren und verwendete ihn ab 1915 auch als offiziellen Firmennamen.
Über die Gründe für die Wahl dieses völlig neu geschaffenen Namens und über dessen Bedeutung ist seitdem viel spekuliert worden. So wird teilweise die Auffassung vertreten, es handele sich um ein Kunstwort aus zwei französischen, englischen oder spanischen Begriffen wie zum Beispiel “horlogerie exquise”, “rolling Export” oder “reloj excelente”. Da sich Wilsdorf selbst niemals explizit zu dieser Frage geäußert hat, lässt sich diese Theorie jedoch nicht erhärten.
Etwas wahrscheinlicher klingt allerdings die Erklärung, die Rolex selbst auf seiner Website angibt. Demnach habe Wilsdorf nach einem Namen gesucht, der kurz und einprägsam sein, sich in den unterschiedlichsten Sprachen leicht aussprechen lassen und obendrein gut aussehen sollte.
Letzteres bezog sich auf die für die damalige Zeit noch ungewöhnliche und innovative Idee von Wilsdorf, dass der Markenname künftig auf den Zifferblättern seiner Uhren zu sehen sein sollte. Um diese Kriterien zu erfüllen, habe er eine Vielzahl von unterschiedlichen Buchstabenkombinationen ausprobiert, bis ihm schließlich “Rolex” als die geeignetste Variante erschienen sei.
Fakt ist jedenfalls, dass sich der Name Rolex tatsächlich leicht merken und aussprechen lässt, was für einen hohen Bekanntheitsgrad natürlich sehr förderlich ist. Um weitere Kundenzielgruppen erschließen zu können, schwebte Hans Wilsdorf in den 1920er Jahren eine Armbanduhr vor, die preisgünstiger verkauft werden aber genauso zuverlässig funktionieren sollte wie die Uhren von Rolex. Eigens zu diesem Zweck gründete er die Firma “Montres Tudor S.A.”. Den Namen hatte sich der Uhrenhersteller “Veuve de Philippe Hüther” im Auftrag Wilsdorfs bereits im Februar 1926 eintragen lassen. Nach der anschließenden Verlegung des Firmensitzes nach Genf kaufte Wilsdorf die exklusiven Markenrechte für Tudor.
Als Logo wählte er einen Wappenschild, der für Sicherheit und Schutz steht und damit auf die Robustheit der Uhren anspielt. Seit Mitte der 1930er Jahre erschien dann auch die Tudor-Rose, Zeichen des gleichnamigen englischen Königshauses, auf den Zifferblättern. Heute ist sie meist auf der Krone einer Tudor-Uhr zu sehen, während das Zifferblatt den Wappenschild zeigt.
Hommage an Uhren-Pioniere und inspirierende Persönlichkeiten
Neben den genannten Beispielen gibt es auch einige Luxusuhren-Label, die ihre Produkte unter an Personennamen erinnernden Markennamen vermarkten, obwohl es sich entweder gar nicht um den Namen des Gründers handelt oder möglicherweise niemals eine Person mit diesem Namen gegeben hat.
So lebt beispielsweise in dem Namen TAG Heuer der Name des Unternehmensgründers Edouard Heuer weiter, der sich 1882 das erste Patent für einen Stoppuhrmechanismus sichern konnte. Doch die Buchstaben T, A und G stehen keinesfalls für die Initialen seiner Vornamen, sondern zeugen vielmehr von der Vereinigung der Firma Heuer mit der TAG-Gruppe im Jahr 1985. Die Abkürzung in deren Namen steht für “Techniques d’Avant-Garde, und dies wiederum könnte auch eine Beschreibung für die zahlreichen innovativen Lösungen sein, die im Hause Heuer im Laufe der Jahrzehnte entwickelt worden sind — vor allem bei Stoppuhren und Chronographen.
Im Falle von Maurice Lacroix, einem vergleichsweise jungen, aber überaus erfolgreichen Schweizer Luxusuhren-Label, war der Firmenname zwar ursprünglich ein Personenname, doch hat dessen Träger die Gründung “seines” Unternehmens nicht mehr erlebt. Es handelte sich um ein Mitglied des Vorstandes des Mutterunternehmens, das zu der Zeit verstarb, als man dort über die Gründung der neuen Marke nachdachte, und durch die Namenswahl besonders geehrt werden sollte.
Interessant ist übrigens auch die Herkunft des Namens Frédérique Constant, der zuvor niemals in dieser Form existiert hat: Dabei handelt es sich um eine Kombination der Vornamen von Frédérique Schreiner und Constant Stas. Beide waren Urgroßväter der beiden Unternehmensgründer Aletta Bax und Peter Stas, die Frederique Constant 1988 gemeinsam ins Leben riefen.