« Die großen Vorteile moderner Quarzuhren »
Obwohl elektrische Zeitanzeiger für viele Mechanik-Enthusiasten nicht infrage kommen, offenbaren sie bei näherem Hinsehen eine immense technische Faszination. Vor allem das Herzstück, der taktgebende Oszillator, ist ein filigranes Wunderwerk am Handgelenk. Wie der Mechanismus funktioniert und warum Quarz-Oszillatoren die Präzision mechanischer Alternativen um ein Vielfaches übertreffen, erfahren Sie beim Weiterlesen.
Definition: Oszillator einfach erklärt
Laut physikalischer Definition bezeichnen Oszillatoren schwingungsfähige Systeme. In Uhren fungieren sie als Taktgeber und treten entweder als Unruh-Spiralfeder-Kombination (Handaufzugs- und Automatikuhr) oder in Form eines Schwingquarzes (Quarzuhr) in Erscheinung. Die zentrale Aufgabe des Oszillators liegt in der Erzeugung eines gleichmäßigen Taktes, sodass die gespeicherte Energie im Federhaus oder in der Batterie nicht willkürlich ans Zeigerwerk weitergegeben wird. Simpel ausgedrückt: Ohne Oszillator kein korrekter Sekundenrhythmus. Mechanische Uhren folgen hierbei einem schnell erklärten Prinzip: Die im aufgezogenen Federhaus gespeicherte Energie wird an ein Rädersystem weitergegeben, an dessen Ende das sogenannte Assortiment (Kombination aus Anker, Ankerrad, Unruh, Spirale) inklusive des Oszillators steht. Von diesem wird die Energie reguliert, bevor sie fein getaktet ans Zeigerwerk weitergegeben wird. Die Entwicklung funktionstüchtiger Assortiments zählte zu den anspruchsvollen Errungenschaften der Horologie und hat die Uhrenwelt, wie wir sie heute kennen, erst ermöglicht.
Quarz-Oszillatoren: Ein Kristall gibt den Takt an
Auch die Erklärung eines Quarz-Oszillators ist kein Hexenwerk. Analog zur Aufzugsfeder eines mechanischen Uhrwerks, dient die Batterie als Energiespeicher. Damit sie ihren Strom nicht unreguliert ans Räderwerk weiterleitet, kommt der Quarzoszillator zum Einsatz: Wie eine kleine Stimmgabel aussehend, besteht der Kristall aus synthetischem Material und wird durch die elektrische Spannung der Batterie zum Schwingen gebracht. Grundlage dieses Ablaufs ist der piezoelektrische Effekt, welcher 1880 von den berühmten Physikern Pierre und Jacques Curie entdeckt wird. Er besagt, dass bestimmte Kristalle beim Anlegen einer Oberflächenspannung ihre Form verändern. Der Kristall schwingt exakt 32.768 Mal pro Sekunde (32.768 Hertz).
Warum exakt 32.768 Hertz?
Egal ob TW-Steel, Tag Heuer oder Breitling: In allen Preisklassen und bei sämtlichen Herstellern ist die Standardfrequenz von 32.768 Hertz vorzufinden. Der Grund für diese Einheitlichkeit ist kein physikalisches Gesetz, sondern ein erstmals 1971 von Girard-Perregaux definierter und anschließend von der gesamten Branche übernommener Standard. Um das zu verstehen, müssen wir uns das Ziel einer Quarzuhr vor Augen führen: Am Ende soll sich der Sekundenzeiger exakt einmal pro Sekunde bewegen, also mit einer Frequenz von einem Hertz. Ein Schwingquarz, dessen natürliche Frequenz gemäß piezoelektrischer Gesetze ein Hertz beträgt, wäre allerdings riesig und würde in keine Armbanduhr passen. Je kleiner der Kristall, desto höher die Frequenz.
Die Uhrenhersteller behelfen sich mit folgendem Trick: Es wird ein deutlich kleinerer Quarzkristall verbaut (wenige Millimeter), der beim Anlegen der Elektrizität mit 32.768 Hertz schwingt. In dieser Geschwindigkeit darf der Sekundenzeiger natürlich nicht ticken. Zur Reduktion der Frequenz kommt zwischen Oszillator und Räderwerk eine T-Flipflop-Schaltung zum Einsatz, die aus 15 einzelnen T-Flipflops besteht. Diese Bauteile halbieren jeweils die eingehende Frequenz. Teilt man 32.768 Hertz 15 Mal durch 2, erhält man genau 1 Hertz. Jetzt sind die Schwingungen in die Dauer einer Sekunde übersetzt und werden schlussendlich an einen Schrittmotor weitergeleitet, der die Energie aufs Räderwerk und somit die Zeiger der Junghans, Bruno Söhnle oder anderen Quarzuhr überträgt. Jedes Mal, wenn der Oszillator (der Quarzkristall) 32.768 Schwingungen vollzogen hat, gibt der Schrittmotor exakt einen Impuls ans Räderwerk weiter, woraus ein Zeigertick resultiert.
Quarzoszillator: Vielfach präziser im Vergleich zur Automatikuhr
Sie sehen: Ein Quarz-Oszillator ist einfach erklärt. Die wichtige Frage lautet: Welche Vorteile bietet das modern anmutende, bereits in den 1920er-Jahren entwickelte System gegenüber der mechanischen Zeitmessung? Das stärkste Argument liegt in der massiv erhöhten Präzision. Während eine mechanische Junghans, Omega oder Tag Heuer mit ihrem Unruh-Spiralfeder-Oszillator typischerweise drei bis fünf Hertz auf die Beine stellt, sorgt die ungleich höhere Frequenz des Quarzwerks für eine massive Steigerung der Genauigkeit. COSC-zertifizierte Mechanikuhren weichen täglich zwischen -4 und +6 Sekunden von der Atomzeit ab, während durchschnittliche Quarzkaliber lediglich 30 Sekunden Gangfehler pro Monat zulassen.
High-End-Ausführungen wie die SuperQuartz-Werke von Breitling steigern diese Exaktheit nochmals um das Zehnfache. Bedeutet für den Träger: Ein Nachjustieren der Uhrzeit muss höchstens alle paar Monate durchgeführt werden. Vier weitere Vorteile der Quarztechnik sind für viele Uhrenfans ebenfalls starke Kaufargumente:
Robust, pflegeleicht und flach: weitere Vorteile
- Widerstandsfähigkeit: Quarzoszillatoren sind im Vergleich zu ihren mechanischen Konterparts spürbar unempfindlicher gegenüber Stößen, Vibrationen und Druck. Ein Extrembeispiel, die Taucheruhr Sinn UX mit unglaublichen 5.000 Metern Drucksicherheit des Quarzwerks, verdeutlicht das Argument.
- Wartungsaufwand: Außer Batteriewechseln (meist im zweijährigen Takt) benötigen Quarzuhren typischerweise keinen besonderen Pflegeaufwand, während mechanische Werke ernsthafte Wartungsarbeiten (Ölwechsel, Revision etc.) benötigen. Je komplexer das Kaliber, desto teurer und langwieriger der Prozess.
- Flache Konstruktion: Obwohl mechanische Uhrwerke mittlerweile hauchdünn sein können, ermöglichen Quarzmodelle im Durchschnitt die flachere Bauweise. Vor allem bei filigranen Damenuhren ein klarer Vorteil.
- Preis: Selbst hochwertige Quarzwerke erfordern im Vergleich zu mechanischen Kalibern einen deutlich niedrigeren Herstellungsaufwand, der sich in erschwinglicheren Preisen niederschlägt.
Nachteile: Wo muss das Quarzwerk passen?
Der Prozentsatz an Quarzmodellen im Produktportfolio variiert je nach Hersteller: Während TW-Steel, Bruno Söhnle und Maurice Lacroix Marken sind, die eine hohe Auswahl bieten, stellt die elektronische Zeitmessung bei Omega eine Seltenheit dar. Rolex, Patek Philippe, Audemars Piguet und andere High-End-Manufakturen hingegen haben sich der Quarztechnik mittlerweile komplett abgewandt. Der Grund ist simpel: Luxusuhren sind emotionale Produkte. Obwohl das Quarzwerk mit rationalen Argumenten überzeugt, fehlt ihm die technische Faszination eines handgefertigten, aus hunderten fein dekorierten Bauteilen hergestellten Automatikwerks. Komplexität, mechanisches Know-how und die Freude, dutzende filigran abgestimmte Komponenten durch ein Glasfenster bewundern zu können, sind für viele Käufer DER Grund, sich im 21. Jahrhundert überhaupt einen Zeitanzeiger anzuschaffen. Die Aspekte einer langen Tradition, der Vererbbarkeit eines “ewig” haltbaren Wertbesitzes und der Abgrenzung vom digitalen Alltag fehlen dem Quarzmodell. Für begeisterte Mechanik-Liebhaber sind Quarzuhren kühle Gebrauchsgegenstände, die sich nicht entscheidend von übrigen Elektrogeräten differenzieren.
Auch praktische Nachteile sind zu erwähnen: Erstens erfordern Quarzuhren einen häufigeren Besuch beim Uhrmacher (zwei Jahre Batterielaufzeit versus fünf Jahre Wartungsintervall bei Mechanikuhren), zweitens gilt ihre Haltbarkeit als niedriger. Ob dieses Argument jedoch der Fortschrittlichkeit moderner Quarzoszillatoren standhält, wagen wir zu bezweifeln.