Pendeluhren - Schwingungsgeber in Uhren

Was macht der Schwingungsgeber in Uhren?

Seit Gedenken bemühen sich Menschen, möglichst genau die Zeit zu messen und darzustellen. Sonnenuhren waren eine frühe Ideallösung, weil sich ihre Anzeige am maßgeblichen Dirigenten des Zeitablaufs orientiert. Der Haken: Sie funktionieren nur bei schönem Wetter. Grandios war deshalb die Idee, Uhren mit dem Schwingungsgeber mehr Unabhängigkeit zu gönnen.

Optimal für Zeitmessungen – frequenzstabile Pendelbewegungen

Bei Experimenten stellte Galileo Galilei 1632 fest, dass für die Schwingungsdauer eines Pendels das Gewicht unwesentlich und die Schwingungsweite nebensächlich ist. Letzteres gilt insbesondere für kleine Schwingungen. Einflussreich ist hingegen die Pendellänge. So benötigen Exemplare, die knapp ein Meter lang sind, eine Sekunde für die Bewegung von der einen zur anderen Seite.

Hinzu kommt, dass Pendelbewegungen vergleichsweise frequenzstabil verlaufen, was wichtig für die Zeitmessung ist. Davon kann sich jeder selbst überzeugen, weil die Kinderschaukel eine vergnügliche Interpretation des Pendels ist: Die Komposition aus Aufhängung und Sitzfläche gibt vor, in welcher Frequenz man schaukelt. Zum Scheitern verurteilt sind Versuche, sie maßgeblich zu beeinflussen. Galileo erkannte die Bedeutung seiner Untersuchungen für Zeitmessgeräte, ohne den Gedanken zu vertiefen.

Maedchen auf einer Schaukel
© Studio Romantic – stock.adobe.com

Herzstücke der Uhrengeschichte: Schwerependel und Unruh

Christiaan Huygens ließ sich von Galileos Pendelgesetz inspirieren und fand heraus: Ein Schwingungsgeber in Uhren muss so konzipiert sein, dass er lange und konstant seine Eigenschwingung entfalten kann. Passend dazu entwarf er das Schwerependel mit seiner heute bekannten Machart und ließ 1657 die erste Pendeluhr bauen. Der Astronom erkannte, dass sich sein Konzept nur für ortsfeste Standuhren eignet. Er tüftelte deshalb an einem drehbar gelagerten Rad, das 1674 marktreif war. Diese sogenannte Unruh dient seither als Schwingungsgeber in Uhren, die man lageunabhängig nutzen möchte. Mit verbesserten Materialien, Werkzeugen und Techniken verkleinerte man das Bauteil, bis es in Armbanduhren hineinpasste.

Christiaan Huygens (1629 - 1695)

Uhrenkenner wissen, dass sich Huygens Erfindung genau genommen aus dem drehbar gelagerten Schwingkörper und einer Spiralfeder zusammensetzt, mit der die Schwingfrequenz reguliert wird. Ein derartiges Schwingsystem nennt man Oszillator. Gebräuchlich ist der Fachbegriff auch für klassische Uhrpendel, weil sie ebenfalls mehrere Aufgaben eines Schwingsystems in sich vereinen.

Pendeluhr
© Chris Hill – stock.adobe.com

Oszillatoren, die sich kaum beeinflussen lassen

Kernziel des Uhrenbaus ist, die Normalzeit möglichst genau abzubilden. Bahnbrechend war im 17. Jahrhundert, dass sich bei Huygens Pendeluhr täglich nur Abweichungen von 10 Sekunden einschlichen. Damit gaben sich die Erfinder nicht zufrieden. Sie experimentierten mit Schwingungskörpern wie Torsionspendeln, wodurch man bei Drehpendeluhren enorme Gangreserven erzielen konnte. Große Fortschritte beim Optimieren des Materials der Schwingungsgeber bescherte vor über 80 Jahren die Speziallegierung Nivarox. Temperatur, Luftwiderstand oder Feuchtigkeit: Je effektiver man äußere Einflüsse ausbremste, umso exakter wurden die Uhren.

Ambitionierten Uhrmachern wurde zudem schnell klar: Es wirkt sich positiv auf die Genauigkeit aus, wenn man den Takt erhöht. Das gilt insbesondere für Armbanduhren, die mit Einflüssen wie Erschütterungen konfrontiert werden. Fest stand dadurch das Ziel, möglichst hochfrequente Schwingungsgeber in Uhren zu integrieren, die gleichzeitig klein sind und geringe Ausschläge haben.

Eingebaute Uhrenquarze - Schwingungsgeber in Uhren

Winzige Frequenzwunder: Stimmgabel-Schwingungsgeber in Uhren

Bei mechanischen Armbanduhren entlockt man der Unruh inzwischen 18.000 bis 36.000 Halbschwingungen pro Stunde. Das entspricht Frequenzen von 2,5 bis 5 Hertz (Hz). Traditionsmarken treiben bis heute die mechanische Präzisionszeitmessung voran. Das verdeutlichen mitunter Slimline Uhren von Frederique Constant, die beim Debüt im Jahr 2021 mit ihrer Schlagfrequenz von 40 Hz imponierte.

Frederique Constant Slimline Gents Small Seconds in der Version FC-245M5S6 - Schwingungsgeber in Uhren

Diese Frequenzsteigerung ist bemerkenswert im Segment der mechanischen Regulierung. Vergleicht man sie mit visionären Uhrenlegenden, wirkt sie überschaubar. Max Hetzel hatte 1921 den Geistesblitz, Schwingungsgeber mit Stimmgabelform ins Spiel zu bringen. Es dauerte vierzig Jahre, bis das Konzept marktreif war und die Accutron von Bulova charakterisierte. Sie beeindruckte mit einer Schwingfrequenz von 360 Hz, wodurch sich die Abweichungen auf 60 Sekunden monatlich schmälerten. Die elektrisch angetriebene Stimmgabeluhr verkaufte sich millionenfach, wurde aber schnell von der nächsten Innovation verdrängt.

Bulova Accutron - Schwingungsgeber in Uhren
Von jcw – Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=12564467

Schnellschwinger aus Quarz

Jacques und Pierre Curie entdeckten 1880, dass sich beim Quarzkristall im Zuge einer elastischen Verformung die elektrischen Pole verschieben, woraus eine elektrische Spannung resultiert. Umgekehrt verformen sie sich, wenn eine elektrische Spannung auf sie einwirkt. Das Ganze nennt man Piezoeffekt und erklärt, warum man Quarzkristall als Schwingungsgeber in Uhren nutzt. Sie oszillieren zugunsten der Ganggenauigkeit hochfrequent und platzsparend. Warren Marrison stellte 1928 eine funktionstüchtige Quarzuhr vor. Zehn Jahre später konnten Labore die ersten Präzisionsuhren mit Quarz kaufen.

Alter Quarzwecker um1976
Von Phrontis – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9483742

Die Quarz-Armbanduhr

Die Performance von Schwingquarzen nahm zu, als man wegen knapper Naturkristalle zur synthetischen Herstellung mit Quarzsand überging. Dadurch konnte man den Kristallaufbau so beeinflussen, dass er beispielsweise druckunempfindlich und temperaturstabil wurde. Weitere Herausforderungen wurden gemeistert, bis man Anfang der 1970er serienreife Quarzarmbanduhren vorstellte. Mit Applaus begrüßte man Debütantinnen mit Schwingungsgeber aus dem Labor, wie die Seiko Astron, die Astro-Quartz Junghans oder die Hamilton Uhr Pulsar.

Erstaunlich war für Technikfans, dass die ersten Quarz-Luxusuhren mit ihrer Schwingfrequenz fast die 10.000 Hertz-Marke knackten. Bald darauf mündeten konzeptionelle Verbesserungen und praktische Abwägungen darin, dass man stimmgabelförmige Schwingquarze mit 32.768 Hz als Standard definierte. Treffen sie auf eine hohe Fertigungskompetenz beim Uhrenhersteller, begrenzen sich die Abweichungen auf 60 Sekunden jährlich. Im Vergleich dazu werden mechanische Luxusuhren schon gefeiert, wenn sich ihre Gangabweichung auf 2 Sekunden täglich beschränkt.

Junghans Form Quarz in der Version 041/4884.00

Jenseits von Armbanduhren wird Quarz als Schwingungsgeber lediglich vom chemischen Element Cäsium übertroffen, das die konventionelle Atomuhr charakterisiert. Ihre Entwicklung geriet in Fahrt, als man 1940 für die Kernspintomographie wesentliche Erkenntnisse zum Magnetresonanzverfahren erzielte. Sensationell war ihre geringe Fehlerquote, die sich auf eine Sekunde in 30 Millionen Jahren belief. Die Cäsiumuhr, in der übrigens auch ein Quarz steckt, wird inzwischen von Atomuhren mit Laser-Lichtimpulsen übertroffen. Ihre Gangabweichung beträgt eine Sekunde in 100 Billionen Jahren.

Atomuhr CS2 der PTB
Von Jörg Behrens – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5755176

Keine überzeugende Leistung ohne perfektes Ensemble

Jeder Oszillator wird von der Dämpfung ausgebremst. Er benötigt somit Energie, um in Schwung zu kommen und zu bleiben. Dafür sorgen Gewichte, Spiralfedern oder Batterien. Die Energiezufuhr würde ohne eine weitere geniale Erfindung fürs Uhrwerk schlichtweg verpuffen: die Hemmung. Erst im Zusammenspiel mit zahlreichen Bauteilen werden Oszillatoren zum Taktgeber, dessen übertragene Impulse einer Sekunde entsprechen. Pendel, Unruh und Schwingquarz: Ihre Güte offenbart sich erst, wenn sämtliche Bauteile für sich brillant und perfekt aufeinander abgestimmt sind. Schwingungsgeber verschiedener Art finden sich also in mechanischen sowie in Quarz-Armbanduhren, wenn auch ganz unterschiedliche.

Hamilton American Classic PSR Digital Quartz in der Version H52404130     Tag Heuer Formula 1 Quarz 43mm in der Version WAZ1010.BA0842

Was macht der Schwingungsgeber in Uhren?

Diese Frage wäre unzureichend beantwortet, wenn man sich auf Oszillationen versteift. Er hält mit seinen wiederkehrenden Ausschlägen Uhren nicht nur in Bewegung, sondern kontrolliert auch ihre Abläufe. Deshalb bezeichnen ihn Uhrmacher auch als Gangregler.

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