« Luxusuhren im Präzisionsstreit »
Noch in 729 Millionen Jahren wird sie auf die Sekunde exakt laufen: Die Atomuhr NPL-CsF2 in London. Mit dieser Präzision können es weder Quarzuhren noch mechanische Zeitanzeiger aufnehmen. Aber bei welchen Marken muss man eigentlich vorbeischauen, um genaueste Mechanikuhren zu finden? Von Breitling bis Zenith zeigt Ihnen unser Magazin die akkuratesten Automatikwerke der Branche und erklärt, warum auch Glück beim Kauf eine Rolle spielt.
Gangabweichung: Messung von Präzision
Um zu bestimmen, wie genau eine Armbanduhr läuft, wird die tägliche Abweichung von der perfekten Uhrzeit gemessen. Läge diese bei null Sekunden, könnten wir von einer perfekten Präzision sprechen und der Zeitanzeiger wäre eine ernsthafte Konkurrenz für die Atomuhr NPL-CsF2. In der Realität ist dies jedoch nie der Fall: Selbst Quarzuhren, die für ihre außergewöhnliche Genauigkeit bekannt sind, entfernen sich pro Jahr ein paar Sekunden von der Atomzeit. Eine Ausnahme sind Funkuhren, die durch ihre regelmäßige Synchronisation mit internationalen Zeitzeichensendern keine dauerhaften Gangabweichungen generieren. Im mechanischen Universum hingegen gelten andere Standards: Top-Uhren der Spitzenklasse bleiben im Fenster von -2/+2 Sekunden täglich, aber selbst fünf Sekunden Differenz wären ein vernünftiger Wert. Im Einstiegsbereich der mechanischen Uhren können auch mal 20 Sekunden Gangabweichung pro Tag toleriert werden. Dabei handelt sich dann natürlich nicht um die genauesten Uhren der Branche.
Rolex: Von Datejust 41 bis Submariner strengste Kriterien
In diesen Tagen stellen viele Uhrenliebhaber infrage, ob die Preise neuer Rolex Uhren noch gerechtfertigt sind. Über eine Sache lässt sich jedoch nicht diskutieren: Die rigorosen Präzisionsstandards der Genfer Traditionsmarke. Während die COSC in ihren Testverfahren noch Abweichungen von -4/+6 Sekunden täglich durchgehen lässt, müssen die Uhren mit der fünfzackigen Krone in ihrer neuesten Kalibergeneration -2/+2 Sekunden Genauigkeit erfüllen. Die Rolex Datejust 41 war eine der ersten Uhren, die in das Vergnügen des aktuell bei Rolex genauesten Automatikwerks 3235 kamen: Dank eines neues Federhauses, der patentierten Chronergy Hemmung mit Parachrom-Spirale und weiteren technischen Details ist das Manufakturwerk nicht nur extrem präzise, sondern besitzt mit 70 Stunden auch eine beträchtliche Gangreserve.
Breitling, Tag Heuer und Co.: Viele Marken setzen auf COSC
Die Einhaltung derartig genauester Präzisionsstandards ist mit einem hohen technischen Aufwand verbunden und vor allem in günstigeren Preisklassen schwer realisierbar. Viele Hersteller von Einstiegs- bis Oberklasse setzen daher auf das standardisierte, weltweit anerkannte Testverfahren der offiziellen Schweizer Chronometerprüfstelle COSC. Sogar Rolex lässt seinen Uhren das begehrte Zertifikat ausstellen und wendet seine strikteren, hauseigenen Kriterien zusätzlich an. Folglich sind längst nicht alle COSC-zertifizierte Zeitanzeiger in gleichem Maße präzise; wer genaueste Uhren sucht, ist zum Beispiel bei Breitling an der richtigen Adresse. Neben dem hauseigenen Automatikwerk B01 sticht auch das in Kooperation mit Tudor entwickelte, in der Breitling Superocean Heritage II genutzte B20 durch seinen akkuraten Gang hervor. Langlebig und technisch ausgewogen, wird es in der gesamten Branche respektiert, bietet 70 Stunden Ausdauer und erfüllt die COSC-Richtlinien mit Bravour.
Neben der Breitling Superocean Heritage II verdient die TAG Heuer Carrera Kaliber 36 eine besondere Erwähnung: Um das Automatikwerk zu verbauen, hat der Schweizer Hersteller das technische Know-How von LVMH-Konzernschwester Zenith genutzt, die mit dem El Primero eines der präzisesten und besten Uhrwerke aller Zeiten im Programm hat. Dessen Hochfrequenz von fünf Hertz, die einem präzisen Gang in die Karten spielt, übernimmt die TAG Heuer Carrera Kaliber 36 und paart sie mit 50 Stunden Gangreserve. Wer genaueste Uhren zu relativ erschwinglichen Preisen sucht, ist hier an der richtigen Adresse.
Omega: METAS-Zertifikat für höchste Genauigkeit
Strenger im Vergleich zur COSC ist die Präzisionsmessung des Eidgenössischen Instituts für Metrologie (METAS), das vor allem durch Omega eine hohe Bekanntheit erlangt hat, prinzipiell aber sämtlichen Marken offensteht. Um genaueste Mechanikuhren zu identifizieren, führt das METAS im Gegensatz zur COSC eine Präzisionsmessung in sechs statt fünf Lagen durch, testet ganze Uhren statt reine Uhrwerke und legt Wert auf eine hohe Magnetfeldresistenz von 15.000 Gauß. Acht verschiedene Tests müssen unter dem Einfluss dieses Magnetfeldes absolviert werden, wobei die Uhren nicht stärker als 5 Sekunden täglich vom perfekten Gang abweichen dürfen.
Ein Paradebeispiel für die Leistungsfähigkeit von METAS-Uhrwerken ist das Kaliber 8800 in der Omega Planet Ocean 600M: Ihre freie Unruh-Spiralfeder mit Spiralfeder aus Silizium sorgt für besondere Langlebigkeit und Präzision, während die rhodinierte Endverarbeitung mit Genfer-Streifen-Arabesken ein Highlight fürs Auge darstellt. Nicht fehlen darf die hauseigene Co-Axial-Hemmung. Trotz 600 Metern Wasserdichtigkeit gelingt es der Omega Planet Ocean, ihre präzise Schönheit durch einen Glasboden zu offenbaren. 55 Stunden Gangreserve sind ein ordentlicher Wert.
Zenith El Primero: König der präzisen Chronographenwerke
Näher an die Genauigkeit von Funkuhren als jede andere mechanische Marke reicht Zenith. Zwar sind bereits die “normalen” El Primero Kaliber mit ihrer Schlagfrequenz von fünf Hertz extrem präzise, doch Rekorde bricht die Defy Kollektion mit der Inventor: Unglaubliche 18 Hertz (129.600 Halbschwingungen pro Stunde) erreicht das technische Meisterwerk dank des hauseigenen, patentierten Zenith Oscillators im Kaliber 9100, der rund 30 Bauteile eines standardmäßigen Uhrwerks in einem Stück ersetzt. Die Präzision dieser Zenith El Primero liegt in himmlischen Sphären: Maximal 0,3 Sekunden Gangabweichung pro Tag setzen neue Maßstäbe für mechanische Uhren.
Varianz: Warum Präzision Glückssache ist
Ein Blick in die Präzisionsmaßstäbe von COSC, METAS und Co. offenbart, dass für die Genauigkeit mechanischer Uhren immer nur ein bestimmtes Spektrum wie -5/+5 Sekunden täglicher Gangabweichung garantiert werden kann. Heißt im Klartext: Jede Uhr tickt ein bisschen anders, wofür neben winzigen mechanischen Differenzen auch kleinste Unterschiede in der Regulierung verantwortlich sind. Man muss im Auge behalten, dass ein Tag 86.400 Sekunden umfasst; weichen jetzt zwei Uhren um fünf Sekunden voneinander ab, ist die Kontinuität der Produktion immer noch beeindruckend. Ob Sie als Käufer ein Exemplar nahe der Null-Sekunden-Grenze oder der fünf Sekunden maximaler Abweichung erhalten, ist Glückssache.
Junghans: genauste Funkuhren für absolute Präzision
Egal ob Junghans Force oder Junghans Spektrum: Wer perfekte, mit atomaren Zeitzeichensendern synchronisierte Präzision sucht, sollte die Funk-Kollektionen der Schwarzwälder Traditionsmarke ins Visier nehmen. Glück oder Pech kann man hier nicht haben, weil die moderne Funktechnik in jeder Uhr dasselbe Resultat erzielt. Besonders modern und minimalistisch zeigt sich die vollständig aus Keramik gefertigte Junghans Force, während die Junghans Spektrum eine traditionellere Ästhetik mit arabischen Ziffern und Keramik-Bicolor-Edelstahlgehäuse verfolgt.