« Spurensuche nach der Zeit »
Sie dominiert unseren ganzen Tag und macht die moderne Zivilisation erst möglich: Die präzise Uhrzeit. Noch stärker als die Dampfmaschine hat sie den Weg zum vernetzten Globus geebnet und einen Alltag mit Flügen, Schienenverkehr und Fernsehprogramm ermöglicht. Aber wer hat die Uhrzeit eigentlich erfunden? Reisen wir von den ersten Ideen der Antike über die genialen Erfindungen des Mittelalters bis zur Entstehung der heutigen Uhrenmarken, um dem Geheimnis der Zeit auf den Grund zu gehen.
Verabredung zur Dämmerung: Die Uhrzeit in der Antike
Stellen wir uns für einen Moment vor, es gäbe keine Uhren. Wie würden wir unseren Tag organisieren? Ein Blick zu den alten Griechen, Römern und Babyloniern liefert uns simple Lösungsvorschläge. Aufstehen mit dem Sonnenaufgang, ins Bett gehen bei Einbruch der Dunkelheit. Und Verabredungen? Entweder man trifft sich beim Hahnenschrei oder man vereinbart einen ungefähren Sonnenstand, um den Zeitpunkt zu terminieren.
Was rudimentär klingt, repräsentierte den Alltag der normalen Bürger, aber nicht den Stand der Wissenschaft. Denn bereits in der Antike kannten die Menschen eine Unterteilung ihres Tages in zwei Mal zwölf Stunden, doch abhängig von der Jahreszeit besaßen diese Sonnenstunden eine variierende Länge. Je weiter man sich Richtung Norden bewegte, desto stärker die Abweichungen. Ein zweites Problem: Die damaligen Sonnen- und Wasseruhren waren kompliziert zu bauen und nicht präzise, weshalb sie für einen Großteil der Gesellschaft keine Relevanz besaßen. Folglich existierte keine strenge Gliederung des Alltags – Arbeit wurde nach “Tagen” bezahlt und bei jeder Art von Treffen waren starke Verspätungen an der Tagesordnung.
Mönchsorden: Wegbereiter des Uhrwerks
Über Jahrhunderte bestand kein Anreiz, diese Form des Lebens ernsthaft zu verändern. Präzise Uhrzeiten spielten für die meisten Privatleute und Berufsgruppen keine Rolle. Für die Mönche des frühen Mittelalters hingegen schon: Zur Einhaltung ihrer Gebetsstunden verpflichtet, entwickelten sie bis zum Ende des 13. Jahrhunderts diverse Wege zur behelfsweisen Zeiterfassung. Abbrennende Kerzen beispielsweise, die exakt abgewogen wurden und Markierungen an der Seite trugen, dienten als Zeitmesser. Auch Nägel, die in das Wachs gesteckt, beim Abbrennen herunterfielen und ein Geräusch verursachten, prägten die frühe Geschichte der Uhrzeit in den europäischen Klöstern.
Wir wissen heute nicht exakt, wer die präzise Uhrzeit in welchem Jahr erfunden hat. Der Durchbruch muss zwischen 1270 und 1300 mit der Entwicklung der ersten Hemmung erfolgt sein, die in der Geschichte der Uhr eine bedeutende Rolle spielt. Denn mechanische Uhren gibt es schon deutlich länger: In der Antike wusste man bereits um das Grundprinzip, mit einem Gewicht an einem Seil, Zahnrädern zur Übersetzung und einem Anzeigewerk die Uhrzeit darstellen zu können. Frühe Wasseruhren beispielsweise stellten ihre Uhrzeit in der Geschichte der Römer und Griechen bereits durch Anzeigewerke dar.
Die Hemmung: ein Meilenstein in der Geschichte der Uhrzeit
Das maßgebliche Problem dieser frühen Uhren lag in ihrem unregulierten Gewichtsantrieb. Ist das System einmal in Gang gesetzt, fällt das Gewicht immer schneller und eine gleichmäßige Zeitmessung ist unmöglich. Erst die Erfindung der Uhrwerkshemmung brachte den entscheidenden Kniff: Hierzu montiert man auf der Welle mit dem Gewicht ein Zahnrad, in welches regelmäßig zwei auf einer Spindel angebrachte Metallzungen (“Spindellappen”) eingreifen. Dabei schwingt die Spindel hin und her. Gleichzeitig wirkt der Zug des Gewichts und sorgt jedes Mal, wenn ein Spindellappen das Zahnrad freigibt, für einen kurzen Ruck nach vorne – das Ticken des Uhrwerks.
Die ersten Überlieferungen für eine Hemmung sind um das Jahr 1300 zu datieren. Im Laufe des 14. Jahrhunderts findet die Innovation eine rasche Ausbreitung und verändert das Alltagsleben dramatisch. Zunächst in wohlhabenden Klöstern und großen Kathedralen vorzufinden, ermöglichen die gehemmten Uhrwerke erstmals eine gleichmäßige Stundeneinteilung. Die “Stunde” gemäß unseres heutigen Verständnisses wird erfunden und die moderne Geschichte der Zeitmessung beginnt. Auf die Frage “Seit wann gibt es Uhren?” gibt es folglich zwei Antworten: Zählt man Sonnenuhren dazu, ist es die Antike, geht es um präzise, gleichmäßige Zeitanzeiger, ist es das 14. Jahrhundert. Bis zum Jahr 1400 finden die komplexen und für damalige Verhältnisse extrem teuren Uhren eine steigende Verbreitung – erst in großen Städten, anschließend in kleineren Gemeinden. Die Luxusuhr des Mittelalters hängt zwar nicht am Handgelenk, sondern am Kirchturm, ist aber wie die modernen Modelle von Rolex, Omega und Breitling mit hohem Prestige verbunden.
Europas Katapult in die Neuzeit
Die Uhrzeit und ihre Geschichte sind untrennbar mit dem Sprung Europas vom “zurückgebliebenen” Kontinent zur Speerspitze der globalen Technikwelt verbunden. Galten bis zum Mittelalter noch China und die islamischen Länder als innovativste Völker, entwickelte sich das “primitive” Europa mit der Geschichte der Zeit allmählich in diese Rolle. Spätestens ab der Renaissance verlagerte sich das Epizentrum des architektonischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Fortschritts auf unseren Heimatkontinent – befeuert von der neuen, präzisen Zeit. Wie stark die Uhrzeit unsere Geschichte beeinflusst, lässt sich kaum in Worte fassen: Die Zeitmessung bringt einen völlig neuen Geist der Innovation ins rückständige, jeden Veränderungen feindlich gegenüberstehende Mittelalter und stößt hunderte weitere Fortschritte an. Galten Neuentwicklungen zuvor als teuflisch, weil sie in der Bibel nicht vorkamen, war man nun verrückt nach Weiterentwicklungen in allen Wissenschaften. Die Geschichte der Zeit ist die Historie unseres modernen Lebens.
Von der Glocken- zur Taschenuhr: Der Traum von der portablen Zeit
Nachdem die präzise Zeit in Standuhren erfunden war, kristallisierte sich zunehmend der Wunsch nach beweglichen Uhren heraus – egal ob auf Schiffen, langen Kutschfahrten oder beim Spaziergang. Die ersten berühmten Taschenuhren wurden zu Beginn des 16. Jahrhunderts vom Nürnberger Uhrmacher Peter Henlein entwickelt, damals noch in Zylinder- und der berühmten Bisamapfelform. Im 17. Jahrhundert folgten erstmals Minuten-, neben den Stundenzeigern, um der steigenden Genauigkeit der Mechanik einen Nutzen zu verleihen. Die Modelle werden immer flacher, kompakter und praktischer. Erst im 18. Jahrhundert werden die ersten Luxusmarken gegründet, welche die Faszination an der portablen Zeit bis heute prägen.
Die älteste Uhrenmarke der Welt, Blancpain, erblickt 1735 im schweizerischen Dörfchen Villeret das Licht der Welt. Fast 200 Jahre soll das Unternehmen im Familienbesitz bleiben und prägt die Entwicklung und Geschichte flacher Taschen- wie Armbanduhren entscheidend.
Ihren großen Startschuss erhält die heutige Geschichte der Uhr mit der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts, in deren Verlauf viele der prominentesten Hersteller gegründet werden: Omega, Longines, Breitling, Audemars Piguet und andere Top-Marken werden die Geschichte der Zeit auch zukünftig noch entscheidend mitgestalten.